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© dpa

Inselstreit: Türkei hofft auf Einigung über Zypern bis Ende 2009

Ankara drückt bei der Wiedervereinigung der geteilten Insel Zypern jetzt aufs Tempo. Die griechische Seite sieht allerdings noch viele offene Fragen. Nach einer Sommerpause sollen die Gespräche im September fortgesetzt werden.

Drei Dutzend Treffen haben die beiden Volksgruppenführer auf dem geteilten Zypern, der Inseltürke Mehmet Ali Talat und der Zyperngrieche Dimitris Christofias, seit Beginn der Wiedervereinigungsverhandlungen im Herbst 2008 bereits absolviert. Nach einer Sommerpause sollen die Gespräche im September fortgesetzt werden. Dann wollen Talat und die türkische Regierung in Ankara Tempo machen: die Verhandlungen sollen bis zum Jahresende zum Erfolg geführt werden.

Diesen Zeitplan skizzierten diese Woche Talat und der türkische Staatspräsident Abdullah Gül in Ankara. „Wir wollen, dass die Gespräche rasch abgeschlossen werden“, sagte Gül. Auch Talat hofft auf einen „Verhandlungserfolg bis Ende 2009“. Das letzte Wort läge dann bei den beiden Volksgruppen, die in getrennten Volksabstimmungen das Verhandlungsergebnis billigen müssten.

In den bisherigen Gesprächen gab es zwar Annäherungen in einer Reihe von Fragen. So einigten sich Talat und Christofias nach langem Tauziehen Ende Juni auf die Öffnung eines weiteren Übergangs an der Demarkationslinie. Aber viele Grundsatzfragen sind weiter strittig. So arbeiten die Inselgriechen auf eine Föderation hin. Die Zyperntürken dagegen wollen eine lose Konföderation zweier unabhängiger Staaten, was letztlich eine völkerrechtliche Legalisierung der Teilung bedeuten würde. Auch die Frage internationaler Garantien rückt immer stärker in den Mittelpunkt: Talat will auch künftig die Türkei als Garantiemacht. Unter Berufung auf diese Rolle hatte das türkische Militär 1974 den Nordteil Zyperns besetzt, um die Annexion der Insel durch Griechenland zu verhindern. Die Zyperngriechen lehnen das Schutzmachtkonzept als anachronistisch ab – zumal für einen EU- Staat, wie es Zypern ist. Eine weitere harte Nuss, sind Entschädigungs- und Eigentumsansprüche von rund 250 000 Zyprern beider Volksgruppen, die während der türkischen Invasion vor 35 Jahren von ihrem Besitz vertrieben wurden.

Angesichts der vielen ungelösten Fragen kann man nicht davon sprechen, die Verhandlungen befänden sich bereits auf der Zielgerade. Dass Gül und Talat jetzt dennoch zum Endspurt ansetzen wollen, hat gute Gründe: Ende des Jahres will die EU die Haltung der Türkei zum EU-Mitglied Zypern überprüfen. Weil Ankara die Republik Zypern nicht anerkennt und sich weigert, zyprische Schiffe und Flugzeuge ins Land zu lassen, hat Brüssel die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei weitgehend eingefroren. Ändert Ankara seine Zypernpolitik nicht, könnten sich die Beitrittsverhandlungen weiter verzögern. Die türkische Regierung hat deshalb ein brennendes Interesse daran, die Volksgruppengespräche zu einem schnellen Erfolg zu führen und diese Kontroverse aus der Welt zu schaffen. Auch Talat steht unter einem erheblichen Zeitdruck: im April 2010 sind Präsidentschaftswahlen in Nordzypern. Kann er bis dahin keine Verhandlungslösung vorweisen, droht ihm die Abwahl.

Die griechischen Zyprer sehen allerdings angesichts der vielen noch ungelösten Fragen kein rasches Ende der Gespräche. Regierungssprecher Stefanos Stefanou sagt: „Wenn es bei den bisherigen Positionen der türkischen Seite bleibt, sehen wir nicht, wie bis Ende 2009 eine Übereinkunft gefunden werden kann.“

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