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Laschet

© dpa

Integration: "Es gibt kein Anti-Türken-Gesetz"

Nordrhein-Westfalens Integrationsminister Armin Laschet (CDU) über die Boykottdrohung gegen den Integrationsgipfel und den Nationalen Integrationplan.

Herr Minister, türkisch-muslimische Verbände wollen den Integrationsgipfel am Donnerstag boykottieren, falls die Kanzlerin das Zuwanderungsgesetz nicht ändert. Ist das Erpressung?

Ich halte es für ein falsches Signal, dass diese Verbände nicht teilnehmen wollen. Es ist etwas Einzigartiges, dass eine Kanzlerin zum Gipfel lädt, auf dem man seine Kritik direkt loswerden kann. Die Verbände sollten die Gelegenheit nutzen,

Handelt die Bundesregierung richtig, wenn sie sich dem Druck nun nicht beugt und Vorbedingungen ablehnt?

Es geht um ein Gesetz, das der Bundestag beschlossen und dem der Bundesrat zugestimmt hat. Das sind die demokratischen Entscheidungsgremien. Vielleicht müssen wir das Gesetz in seiner Substanz noch besser erklären. Aber die Verbände haben in dem einjährigen Arbeitsprozess seit dem ersten Integrationsgipfel ihre Argumente nicht so laut vertreten, wie sie das heute tun. Das Zuwanderungsgesetz ist kein Anti-Türken-Gesetz. Für die Heiratsmigration werden Grundkenntnisse in deutscher Sprache erwartet. Es geht nicht darum, Heiratsmigration zu verhindern, sondern die Rechte der Frauen zu stärken.

Die Verbände fühlen sich offenbar in ihrem Stolz verletzt. Kann Integration ohne Druck gelingen?

Ich nehme die Sorgen sehr ernst, denen die Verbände Ausdruck verleihen. Viele Türken haben Angst, dass ihre Möglichkeiten zur Familienzusammenführung beschränkt werden. Nur die Bedingungen für Integration müssen wir hier festlegen und dabei auch die Lage der Frauen im Blick haben. Deshalb geht das nur mit Anforderungen. Wer jünger ist als 18 kann in Deutschland nicht heiraten, deshalb dürfen wir Nachzug mit dem Ziel der Heirat auch erst von diesem Alter an erlauben.

Ist der Integrationsgipfel gescheitert, wenn die Verbände nicht kommen?

Nein. Die Ergebnisse des einen Jahres sind wichtig und bleiben. Es wäre allerdings ein Wermutstropfen, wenn Vertreter der größten Migrantengruppe in Deutschland, der Türken, nicht kämen. Es ist wichtig, das Gespräch über diesen einen symbolischen Gipfeltag hinaus fortzusetzen. Die entscheidende Arbeit muss vor Ort stattfinden. Ich begrüße es, dass die Verbände erklären, sie wollten ihre Verpflichtungen trotzdem erfüllen.

Was ist der wichtigste Beitrag der Länder zum Nationalen Integrationsplan?

Die Länder haben die Bildung in den Mittelpunkt ihrer Anstrengungen gestellt. Zum ersten Mal haben alle 16 Länder erklärt, sie führen verpflichtende Sprachstandstests vor der Schule ein und fördern dann schon systematisch im Kindergarten. Wir werden auch mehr Ganztagsschulen schaffen und den Übergang von der Schule in Ausbildungsplätze unterstützen.

Sie kritisieren den Integrationsplan als zu unkonkret. Wie lässt sich das ändern?

Man hätte nicht alle Arbeitsgruppenergebnisse unbearbeitet veröffentlichen müssen. Es steht Wichtiges und Unwichtes drin, Wünschenswertes und Falsches wie etwa die Abschaffung des dreigliedrigen Schulsystems. Man hätte eher die ganz konkreten Zusagen herausarbeiten sollen. Nun ist es anders gekommen. Deshalb muss der Gipfel einen Mechanismus für eine objektive Prüfung der Fortschritte beschließen. Dazu braucht man ein unabhängiges Gremium wie etwa den Zuwanderungsrat, den Ex-Innenminister Otto Schily (SPD) 2004 aufgelöst hat. Er soll anhand objektiver Kriterien etwa feststellen, ob wir bessere Bildungserfolge erzielen. Das ist bisher nicht vorgesehen.

Die Fragen stellte Hans Monath.

Armin Laschet (44) ist der erste Landesminister für Generationen, Familie, Frauen und Integration. Die Anwesenheit von Türken in Deutschland nennt der CDU-Politiker einen Glücksfall.

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