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Update

Integration: Muslim-Zentralrat steigt aus Islamkonferenz aus

Nach der Absage des Zentralrats der Muslime (ZMD) an die Deutsche Islamkonferenz machen sich beide Seiten – der Zentralrat und das Bundesinnenministerium – heftige gegenseitige Vorwürfe.

Das Ministerium nannte die Entscheidung des ZMD unverständlich und warf dem muslimischen Verband vor, er habe „von Beginn an“ eine „Verweigerungshaltung“ an den Tag gelegt. Der Vorsitzende des Zentralrats, Axel Ayyub Köhler, seinerseits kritisierte, die Konferenz werde zu einem „unverbindlichen Debattierclub“ ohne konkretes Ziel. Nach dem Ausscheiden des ZMD fehlt nun der zweite der großen muslimischen Verbände in der Neuauflage der Deutschen Islamkonferenz (DIK). Vor Monaten hatte Innenminister Thomas de Maizière (CDU) bereits den Islamrat von einer Vollmitgliedschaft ausgeschlossen, weil gegen leitende Funktionäre von dessen Hauptmitglied Milli Görüs Ermittlungen laufen.

Der ZMD hatte am Dienstag erklärt, er werde am Neustart der Islamkonferenz nicht teilnehmen, nachdem man in Verhandlungen mit dem Ministerium keine Einigung erzielen konnte. Der ZMD hatte, wie zuvor schon der Islamrat, Kritik an Zusammensetzung und Arbeitsprogramm der Konferenz formuliert: Sie sei und bleibe „von der Bundesregierung verordnet“ und versuche, sich über die tatsächliche Organisation der islamischen Religionsgemeinschaften hinwegzusetzen. Es sei für die deutschen Muslime nicht akzeptabel, dass der Staat sich selbst muslimische Ansprechpartner organisiere. Nach dem eigenen Ausscheiden, so der ZMD, sei nun die Hälfte der 2500 Moscheegemeinden gar nicht mehr in der Konferenz vertreten.

Die vier großen Verbände, ZMD, Islamrat, die offizielle türkisch-islamische Ditib und der „Verband der islamischen Kulturzentren“ VIKZ hatten sich 2007 – auch als Reaktion auf die Einberufung der ersten Islamkonferenz – im Dachverband „Koordinationsrat der Muslime“ zusammengeschlossen, um ihre gemeinsamen Interessen der Politik gegenüber besser vertreten zu können. Ditib und VIKZ werden auch an der Neuauflage der Konferenz teilnehmen. Der damalige Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte die Konferenz 2006 als Plattform für einen auf Dauer angelegten Dialog mit dem deutschen Islam geplant. Sein Nachfolger de Maizière will sie nach eigener Aussage auf konkretere Ergebnisse verpflichten.

Ministerium wirft ZMD vor, sich von Beginn an verweigert zu haben

Während das Bundesinnenministerium in einer ersten Reaktion auf die Absage des ZMD von Verweigerungshaltung sprach und erklärte, man sei den muslimischen Verbänden entgegengekommen, sieht man dies dort „nicht einmal millimeterweise“, wie ZMD-Generalsekretär Aiman Mazyek dem Tagesspiegel sagte. Auch von Verweigerung könne keine Rede sein: „Obwohl wir die restlos vom Ministerium vorgegebene Struktur sehr kritisch sahen, haben wir diese Kröte geschluckt und von Anfang an versucht, innerhalb des engen Korsetts Kompromisse zu erreichen. Vergeblich.“ Das Thema Islamfeindlichkeit zum Beispiel, auf das das Innenministerium verweise, sei „weiterhin ein Subthema im großen Thema Extremismus“. Die Bemühungen, wenigstens Teile des Islamrats mit an den Tisch zu holen, seien abgeblockt worden. Und auch der Wunsch nach einer gemeinsamen Arbeitsgruppe von Bund, Ländern und muslimischen Organisationen, die einen Fahrplan für die Anerkennung als Religionsgemeinschaft hätte abstecken können, sei abgeschlagen worden. Hier äußere sich „Arroganz der Macht“, sagte Mazyek. Die Sicht des Hauses de Maizière auf den Islam manifestiere sich am deutlichsten darin, dass die DIK, die zu Zeiten Schäubles von der Grundsatzabteilung betreut wurde, nun der Abteilung Ausländer übergeben sei.

Innenminister de Maizière hat die neue Islamkonferenz unter seiner Leitung für Montag zur konstituierenden Sitzung in Berlin eingeladen. Neben VIKZ und Ditib sind auch die Alevitische Gemeinde und die Türkische Gemeinde Deutschland Mitglieder der Konferenz, dazu muslimische Einzelpersönlichkeiten und Theologen. De Maizière gab am Donnerstag bekannt, dass anstelle des ZMD der „Zentralrat der Marokkaner“ nachnominiert werde.

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