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Integration: Taxifahrende Ingenieure sollen Vergangenheit sein

Migranten stehen nach Ansicht der Türkischen Gemeinde Deutschland auf dem Arbeitsmarkt vor weit größeren Problemen als ethnisch Deutsche – unabhängig von ihrer Sprachkompetenz. Vereine wollen nun als Vermittler auftreten.

Die Verbesserung der Sprachkenntnisse sollte mit bedarfsspezifischen Weiterbildungsangeboten verknüpft werden, sagte Kenan Kolat, der Vorsitzende der TGD bei einer Fachtagung zum Thema Arbeitsmarktpolitik und Integration. Dazu gehörten etwa Angebote für die berufliche Nachqualifizierung von Erwachsenen. Diese müssten von speziell geschulten Lehrkräften vermittelt werden. Zudem müssten sie in der Nähe der Wohngebiete von Migranten angeboten werden.

Die Arbeitslosenquote unter Migranten ist mehr als doppelt so hoch wie die unter Deutschen: Während im April die Quote insgesamt bei 8,6 Prozent lag, betrug sie bei Personen ohne deutsche Staatsangehörigkeit 17,3 Prozent. Unter den Türken in Deutschland waren 2006 dem Auswärtigen Amt zufolge sogar 31 Prozent ohne Arbeit. Als Ursache der problematischen Arbeitsmarktintegration werden vor allem mangelnde Deutschkenntnisse angesehen; deshalb bietet etwa die Bundesagentur für Arbeit berufsbezogene Sprachkurse an. Das greift nach Ansicht von Kenan Kolat, dem Vorsitzenden der Türkischen Gemeinde Deutschland, jedoch zu kurz.

Wer schon Arbeit hat, würde oft nicht ausreichend vom Arbeitgeber gefördert, was auch an „fehlender interkultureller Handlungskompetenz“ liege, sagte Kolat. Viele Migranten stünden den Weiterbildungsmöglichkeiten ohne Orientierung gegenüber. Vermittelnd wirkten hier oft nur die Migrantenselbstorganisationen wie türkische Kulturvereine.

Jens Regg von der Bundesagentur für Arbeit berichtete über die Maßnahmen, die speziell für Migranten angeboten werden. So gehe die Arbeitsagentur nun schon in niedrigere Klassen, um Schüler zur aktiven Arbeitssuche anzuregen. Auch außerbetriebliche Ausbildungsplätze stelle die Agentur zur Verfügung.

Eines der Hauptprobleme bei der Eingliederung von Migranten sei, dass mitgebrachte Qualifikationen oft nicht anerkannt würden, sagte Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD): „Wenn aus Ingenieuren Taxifahrer werden, verschwenden wir Potenzial.“ Die Regelungen sind zurzeit noch von Bundesland zu Bundesland verschieden. Scholz forderte einen einheitlichen Rechtsanspruch auf Anerkennungsverfahren für alle Migranten und alle Abschlüsse. „Die jetzige Situation ist ein Skandal“, sagte der Arbeitsminister. An einer Verbesserung arbeitet die Integrationsbeauftragte Maria Böhmer (CDU); umgesetzt wird dies jedoch wohl erst nach der Wahl. 

Simone Sohl

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