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Integrationsgipfel: Zum Auftakt ein Treffen mit Migranten-Vertretern

Die Bundesregierung hat erstmals mit Migrantenverbänden und anderen über Fragen der Integration beraten. Schon vor dem Treffen traten deutlich die unterschiedlichen Meinungen zwischen Union und SPD zu Tage.

Berlin - Zum Integrationsgipfel im Kanzleramt waren mehr als 80 Vertreter von Politik, Kirchen, Arbeitgebern, Gewerkschaften, Medien und Sportverbänden eingeladen worden. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht in dem Treffen den Auftakt zu einem fortlaufenden Dialog, in dessen Verlauf bis Mitte nächsten Jahres ein "nationaler Integrationsplan" erarbeitet werden soll. Im Vorfeld der Veranstaltung wurden Meinungsunterschiede zwischen SPD und Union deutlich. Der SPD-Vorsitzende Kurt Beck lehnte anlässlich des Berliner Integrationsgipfels die Forderung von CSU-Chef Edmund Stoiber nach Sanktionen gegen integrationsunwillige Zuwanderer ab. Dieser Vorstoß sei "nicht sachdienlich" und richte sich offenbar an den "vorurteilsbeladenen Ausschnitt der deutschen Bevölkerung".

Gegenwind für Stoiber kam sogar aus der CDU. Der nordrhein-westfälische Integrationsminister Armin Laschet (CDU) sagte: "Statt ständig über relativ kompliziert durchsetzbare Sanktionen und zusätzlichen Druck nachzudenken, sollten wir dafür werben, dass die bestehenden Integrationsangebote angenommen werden." Es sei nur eine Minderheit, die sich der Integration verweigere.

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) lehnte die Forderung der CSU nach härteren Strafen für "Integrationsverweigerer" ab. "Druck sollte nicht am Anfang stehen, wir müssen Angebote machen", sagte Zypries der "Berliner Zeitung". Erst in einem zweiten Schritt könne die Androhung von Sanktionen sinnvoll sein. Außerdem sei es bereits möglich, Aufenthaltsrechte zu beschränken oder Sozialleistungen zu kürzen, wenn etwa ein Integrationskurs nicht absolviert wird. "Das ist alles bereits geltendes Recht", so Zypries. Die Ministerin wandte sich auch gegen die von Unionspolitikern erneut angestoßene Leitkulturdebatte. "Ich würde den Begriff Leitkultur nicht verwenden", sagte sie.

Die Islambeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion, Lale Akgün, sagte dem Nachrichtensender n-tv: "Ich finde die Forderungen sehr altmodisch, dass man jemanden mit Sanktionen zum Lernen anhalten möchte." Positive Verstärkung sei die richtige Methode, "um Menschen dazu zu bringen, die Sprache zu erlernen".

Beckstein verteidigt Bayerns harte Haltung

Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) verteidigte hingegen die Position der CSU. Die Sanktionen gegen Versäumnisse bei der Integration müssten deutlicher werden, sagte er dem Nachrichtensender N24: "Wir brauchen ein Fördern. Wir brauchen aber auch ein Fordern." Wer dauerhaft Integration verweigere, solle mit einer Reduzierung seiner Sozialleistungen rechnen müssen, "aber letztendendes auch mit Nachteilen im Aufenthaltsrecht".

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), verwies vor Beginn des Treffens darauf, dass der Integrationsgipfel nur der Auftakt für weitere Beratungen sei. "Wir haben immer wieder darauf hingewiesen, dass nach dem Gipfel die Arbeitsphase beginnt, mit sechs großen Arbeitsgruppen, die dann von den einzelnen Bundesministerien koordiniert werden", sagte Böhmer im RBB. In den Arbeitsgruppen werde auch die Möglichkeit bestehen, sich weiter einzubringen. "Die Stimmen können nach wie vor gehört werden, und das halte ich auch für wichtig." Sie freue sich über das große Interesse, an dem vorgesehenen Aktionsplan mitzuwirken. "Das zeigt, wir haben eine wirkliche Aufbruchstimmung im Land jetzt für Integration."

Grüne: Kein "Sanktionsgipfel"

Die Grünen begrüßten die Äußerungen von Zypries. "Aus dem Integrationsgipfel darf nicht der vor allem von der CSU gewünschte Sanktionsgipfel werden", erklärte Parlamentsgeschäftsführer Volker Beck. Wo kein ausreichendes Angebot zur Sprachförderung vorhanden sei, könne den Ausländern auch nicht vorgeworfen werden, sie nähmen es nicht wahr. "Wer von einwanderungswilligen Menschen Integrationsbereitschaft verlangt, muss selbst integrationsbereit sein und vernünftige Integrationsangebote machen", erklärte auch Marianne Demmer, stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). "Integration ist keine Einbahnstraße".

Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, sagte im Bayerischen Rundfunk, den Migranten müsse signalisiert werden, dass sie Teil des Landes seien. Er wandte sich ebenfalls gegen die CSU-Forderung nach schärferen Sanktionen. Der Bundesausländerbeirat forderte mehr politische und wirtschaftliche Teilhabe von Zuwanderern, etwa in Form des kommunalen Wahlrechts für Ausländer oder eine Migrantenquote im öffentlichen Dienst. Beim Integrationsgipfel würden zwar erstmals auch Migrantenorganistionen angehört, sagte er im SWR. Allerdings könnten die Versäumnisse aus 40 Jahren nicht in vier Stunden nachgeholt werden. (tso/AFP/ddp)

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