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Der Historiker Johannes Burkhardt vor dem Richard-Wagner-Haus in Graupa (Sachsen).

© Arno Burgi/dpa

Internationaler Museumstag: Bis in die hinterste Ecke

Deutschland hat 6400 Museen, von denen viele in der tiefsten Provinz liegen. Woher dieser kulturelle Reichtum kommt, erklärt zum Auftakt des Museumstags der Historiker Johannes Burkhardt.

Jeder Tag des Jahres ist irgendein Tag, hat irgendeine Widmung, ist mit irgendeinem Gedenken oder Gedanken versehen, oder einer Aktion. An diesem Sonntag sind es die Museen, um die es geht. Denn heute ist der Internationale Museumstag. Das Museale ist tief in der deutschen Kultur verankert. Museen gibt es überall im Land, sogar auf dem Land sind es erklecklich viele. 6400 Museen und museumsähnliche Ausstellungsräumlichkeiten gibt es in Deutschland. Würde man jedes Wochenende vier davon besuchen, bräuchte man etwa 30 Jahre – theoretisch wäre es mithin machbar, wenn auch anstrengend, in einem durchschnittlichen Erwachsenenleben alle zu sehen.

Man käme dann auch mal nach Graupa, zum Beispiel. Die Ortschaft liegt südöstlich von Dresden und teilt sich in Groß-, Klein- und Neugraupa. Das dortige Museum ist Richard Wagner gewidmet, 1907 gegründet, das weltweit erste für den sächsischen Komponisten, der in Graupa eine Zeit lang wohnte und den "Lohengrin" schrieb. Dort wird an diesem Sonntag der Museumstag feierlich eröffnet, denn die Schirmherrschaft wechselt jährlich mit der Bundesratspräsidentschaft, und die hat derzeit der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) inne.

Kultur ist in Deutschland etwas sehr Föderales

Der Deutsche Museumsbund, der hinter dem Museumstag steht, hat sich damit daran gehalten, dass Kultur in Deutschland etwas sehr Föderales ist. Die Länder (und Kommunen) kümmern sich vor allem (nur in Berlin mischt der Bund etwas stärker mit). Deren Kulturhoheit, ungegängelt durch irgendwelche Zentralinstanzen wie in anderen Staaten, trägt dazu bei, dass Deutschland ein recht vielfältiges Kulturangebot hat, fein verästelt bis in die Provinzen und Provinzchen, also auch bis nach Graupa.

Der Festredner ist an diesem Sonntag passenderweise der Historiker Johannes Burkhardt, einer aus der eher überschaubaren Riege einheimischer Geschichtsprofessoren, die das Föderale in der deutschen Geschichte nicht für einen Unfall, ein nationales Missgeschick, ein Thema für Politologen oder das Hobby britischer Kollegen halten. Von Burkhardt stammt der Merksatz, die politische Kernkompetenz der deutschen Geschichte sei ihre Föderalismusfähigkeit.

Dass es so viele Museen, Opernhäuser und Regionalorchester gibt, ist für ihn eine Leistung des jahrhundertealten Föderalismus. Kleinstaaterei hat eben auch etwas für sich. Was laut Burkhardt auch schon Wagner wusste, der den zentralistischen Bestrebungen des 19. Jahrhunderts die Frage entgegengehalten habe, was denn dann aus den deutschen Residenztheatern werden solle. Kein Wunder, schließlich hat Wagner seine Erfahrungen und seine Karriere abseits der deutschen Kulturmetropolen Wien und Berlin gemacht, in Erfurt, Würzburg, Dresden, Bayreuth. Burkhardt, auch ein Kenner des Komponisten (sein vor einigen Jahren erschienenes Buch hat den Titel „Der Rhein ist die Elbe. Richard Wagners wahre Welten“), hat einmal durchgezählt, dass es wegen des recht unsteten, sozusagen reichlich föderalen Lebenslaufs des Tondichters etwa 40 Wagner-Gedenkstätten in Deutschland gibt. Nimmt man die geretteten ehemaligen Residenztheater hinzu, an denen zumindest gelegentlich auch Wagner-Opern aufgeführt werden, sind es mindestens noch einmal so viele.

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