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Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (vorn) und der Präsident des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnologie, Michael Hange, im Nationalen Cyber-Abwehrzentrum in Bonn.

© dpa

Internetkriminalität: Friedrich eröffnet Cyber-Abwehrzentrum

Bundesinnenminister Friedrich befürchtet eine wachsende Gefahr durch Cyber-Angriffe auf wichtige Systeme in Deutschland. Die Bundesregierung hat in Bonn nun ein Abwehrzentrum gegen die Attacken aus dem Internet eingerichtet.

Angriffe aus dem Internet auf Institutionen und Unternehmen in Deutschland sollen künftig frühzeitig erkannt und gezielt abgewehrt werden. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich eröffnete am Donnerstag in Bonn das Nationale Cyber-Abwehrzentrum (NCAZ). Der CSU-Politiker wies darauf hin, dass der Schutz der Informationsinfrastrukturen eine existenzielle Frage des 21. Jahrhunderts sei.

Das Abwehrzentrum steht unter Federführung des seit 1991 bestehenden Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) in Bonn. Die Experten sollen bei einem Cyber-Angriff schnell ein Lagebild erstellen und Behörden sowie Unternehmen empfehlen, wie sie reagieren sollen. Die neue Einrichtung hat zunächst sechs Mitarbeiter aus dem BSI und jeweils zwei aus dem Verfassungsschutz und dem ebenfalls in Bonn arbeitenden Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe. In Kürze kommen noch Experten von anderen Behörden dazu.

Attacken aus dem Netz nehmen ständig zu

Nach Erkenntnissen des BSI nehmen Attacken aus dem Internet ständig zu. So würden täglich vier bis fünf gezielte Angriffe allein auf das Informationsnetz der Bundesregierung registriert. Die Fahnder wurden im vergangenen Jahr durch den rätselhaften Computerwurm "Stuxnet" überrascht, der weltweit, auch in Deutschland, Schaden anrichtete.

Friedrich befürchtet eine wachsende Gefahr durch Cyber-Angriffe auf wichtige Systeme in Deutschland. "Kritische Infrastrukturen wie etwa die Strom- und Wasserversorgung kommen heutzutage ohne hochmoderne IT-Systeme nicht mehr aus." Derartige Attacken könnten immense Schäden anrichten, die große Teile der Bevölkerung direkt betreffen würden. Es gebe "Angriffe auf Netze, die bisher als sicher galten". Denkbar seien auch Cyber-Attacken anderer Staaten.

Polizeigewerkschaft fordert mehr Schutz

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hält das Cyber-Abwehrzentrum für eine gute, aber keineswegs ausreichende Initiative. Der GdP-Bundesvorsitzende Bernhard Witthaut sagte, das Zentrum dürfe nur ein erster Schritt sein. "Ohne massive Investitionen in Personal, Technik und Schulung wird sich die Netzkriminalität ungebremst ausweiten", sagte Witthaut voraus. Er gab zu bedenken, dass über das Internet ein Terrorangriff ebenso möglich sei wie Wirtschaftsspionage, organisierte Kriminalität oder auch ein "Dummer-Jungen-Streich". "Die Bekämpfung der Kriminalität aus dem Netz muss ganz oben auf der Prioritätenliste stehen", forderte der GdP-Chef. Die Deutsche Polizeigewerkschaft DPolG bedauerte, dass es noch nicht gelungen sei, eine solche Abwehrstelle europaweit aufzubauen.

Der Informatik-Experte Volker Roth beklagte den oft sorglosen Umgang der Nutzer mit dem Internet und forderte ein Umdenken. Seiner Ansicht nach ist Deutschland in der Fläche verwundbar. "Denn wir nutzen ja alle sehr ähnliche Software, ähnliche Systeme, die sind auch in hohem Maße mit dem Internet verbunden und damit entstehen natürlich Angriffsflächen." Als Beispiele nannte Roth Angriffe auf Banken, auf die elektronischen Systeme einer Börse oder auf die Medien.

Der Bundesverband BITKOM regte an, dass die Privatwirtschaft in den Ausbau der neuen Einrichtung stärker einbezogen werden sollte. Betroffene Unternehmen und ihre Mitarbeiter könnten so besser geschützt werden. Zudem könnten Unternehmen mit ihren Experten für Cyber-Security das Lagebild mit wertvollen eigenen Informationen ergänzen, argumentierte BITKOM-Präsidiumsmitglied Dieter Kempf. Es müsse allerdings allen klar sein, dass das Bonner Zentrum nicht konzipiert sei, um im Krisenfall selbst einzugreifen und umfassende Gegenmaßnahmen einzuleiten.

Neuer Hacker-Angriff in den USA

Wie aktuell und international die Sicherheitsprobleme sind, zeigen Beispiele aus den USA. So wurde jetzt bekannt, dass die Website des US-Geheimdienstes CIA offenbar Ziel eines Hackerangriffs geworden ist. "Tango down - CIA.gov" twitterte eine unter dem Namen Lulz Security bekannte Gruppe, die erst am Montag in das Computersystem des US-Senats eingedrungen war. In der Nacht zum Donnerstag gab es vorübergehend Probleme mit dem Zugriff auf die CIA-Website. Sie war später aber wieder normal zu erreichen. Die Gruppe Lulz Security hatte sich in der jüngeren Vergangenheit zu Hackerangriffen auf die Elektronikkonzerne Sony und Nintendo und den öffentlich-rechtlichen US-Fernsehsender PBS bekannt. Lulz Security erklärte, es gehe nur darum, Schwachstellen offenzulegen. (dapd)

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