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Vogel

© dpa

Interview: "Auch die Partei hat Fehler gemacht"

Thüringens früherer Ministerpräsident Bernhard Vogel (CDU) über das Wahldebakel und die Folgen.

Woran ist Dieter Althaus gescheitert?

Er ist nicht gescheitert. Dieter Althaus hat, zu meinem Bedauern, verantwortungsbewusst Konsequenzen gezogen. Er war viele Jahre ein erfolgreicher Ministerpräsident. Aber er hat nicht vermocht, die Erfolge der Vergangenheit zu wiederholen.

Fast zwölf Prozentpunkte Verlust sind ein ziemlich eindeutiges Abwahlvotum.

Ja. Aber mit ähnlichen Ergebnissen sind die Ministerpräsidenten Stolpe in Brandenburg und Milbradt in Sachsen nicht zurückgetreten.

Welche Ursachen hatte das Debakel?

Nirgendwo in Deutschland, nicht einmal in Bayern, werden noch absolute Mehrheiten erreicht. Unsere großen Erfolge haben wir erzielt, als Gerhard Schröder Bundeskanzler war. Und: Die Konkurrenz ist stärker geworden, Grüne und FDP sind in den Landtag zurückgekehrt. Im Übrigen – auch die Partei hat Fehler gemacht.

Hätte Althaus besser daran getan, nach seinem Skiunfall nicht auf seine schnelle Rückkehr ins Amt zu drängen?

Das wird jetzt gelegentlich gemutmaßt. Damals haben wir alle gehofft und zugestimmt, dass er möglichst bald zurückkommt. Das sollten wir ein paar Monate später nicht vergessen.

Wie wahrscheinlich ist es, dass es zu einem schwarz-roten Bündnis kommt?

Ich verstehe den Rücktritt von Althaus als Signal, dass er die Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und SPD nicht durch seine Person belasten wollte. Und ich hoffe, dass jetzt ernsthafte Versuche unternommen werden zur Bildung einer sogenannten großen Koalition, mit der wir ja von 1994 bis 1999 keine schlechte Erfahrung gemacht haben.

Aber inhaltlich sind die Schnittmengen zwischen CDU und SPD doch viel kleiner als die zwischen Linken und SPD.

Es geht nicht nur um die Schnittmenge. Mir geht es auch darum, ob man Thüringen eine Regierung erspart, wie sie beispielsweise in Sachsen-Anhalt dazu geführt hat, dass das Land noch heute weit hinter Sachsen und Thüringen insbesondere in seiner wirtschaftlichen Entwicklung zurückhängt.

Halten Sie die Linke in Thüringen für regierungsfähig?

Nein. Ich habe die Erfahrung gemacht: Wo sie mitregieren, geht es dem Land schlechter. Und ich möchte nicht, dass Enkel der SED in einem jungen Land einer Regierung angehören.

Die SPD hat in den anstehenden Sondierungsgesprächen großes Druckpotenzial, weil im Hintergrund die Option Rot-Rot steht. Ein Problem für die CDU?

Der SPD kommt nicht durch ihre Stärke, sondern durch ihre politische Position eine wesentliche Entscheidungsrolle zu. Beide Verhandlungspartner sollten mit der Entschlossenheit, eine Koalition zustande zu bringen, aufeinander zugehen. Sie müssen sich aber gegenseitig so achten, dass der jeweils andere das Gesicht nicht verliert.

Wer sollte Althaus-Nachfolger als Regierungschef und Landesparteichef werden?

Die CDU verfügt inzwischen – das war nicht immer so – über eine Reihe von Persönlichkeiten, denen ich beide Ämter zutraue. Oder man trennt unter Umständen beide Ämter für eine gewisse Zeit. Darüber müssen die Gremien jetzt diskutieren. Nicht einmal über den Tagesspiegel werde ich heute dazu einen Rat geben.

Das Gespräch führte Matthias Schlegel.

Bernhard Vogel (76) war von 1976 bis 1988 Regierungschef in Rheinland-Pfalz und von 1992 bis 2003 Ministerpräsident

in Thüringen. Er ist heute Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung.

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