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Kann Griechenland sich noch aus der Krise retten?

© dpa

Interview: „Die Troika will sich erst einmal ein Bild machen“

Das geplante neue Sparpaket der Athener Regierung in Höhe von 11,5 Milliarden Euro trifft unter anderem die Rentner. Das bietet Zündstoff. Ein Gespräch mit Christos Katsioulis, Leiter des Büros der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung in Athen.

Herr Katsioulis, wie wird das geplante milliardenschwere Sparpaket der griechischen Regierung in der Bevölkerung aufgenommen?

Es geht vor allem darum, hohe Renten zu deckeln. In erster Linie betreffen die Kürzungen Renten über 1000 Euro. Allgemein geht man in der Bevölkerung davon aus, dass weitere Kürzungen unumgänglich sind. Gleichzeitig wird erwartet, dass es diesmal sozial gerechter zugeht als bei den bisherigen Kürzungsrunden.

Regierungschef Antonis Samaras verfolgt also im Gegensatz zu seinen Amtsvorgängern einen vergleichsweise vorsichtigen Sparkurs?

Mit dem neuen Finanzminister Yannis Stournaras gibt es auf dem Posten wahrscheinlich einen der besten Fachleute, die in Griechenland zu finden waren. Er hat die Politik seiner Vorgänger beendet, die bei Kürzungen nach dem Motto „Kleinvieh macht auch Mist“ vorgingen. Statt die nötigen 11,5 Milliarden Euro durch lauter kleine Einzelmaßnahmen zusammenzukratzen, will Stournaras den Haushalt vor allem durch zwei bis drei größere Projekte entlasten, die sich auch als deutliche Reformschritte darstellen lassen. So hat sich die griechische Regierung am Ende der vergangen Woche von ihrem Anteil an der defizitären griechischen Landwirtschaftsbank ATE getrennt. Bei den neuen Sparpaketen versucht die Regierung, soziale Härten möglichst zu vermeiden. Bislang haben die Regierungen in Athen beispielsweise Steuererhöhungen im großen Stil beschlossen, welche die gesamte Bevölkerung trafen. Das soll jetzt möglichst vermieden werden. Zwar ist der Bevölkerung klar, dass neue Härten auf sie zukommen. So wird das Heizöl deutlich teurer werden. Aber zu einem spartanischen Sparprogramm soll es diesmal nicht kommen.

Kommt es nach dem Sommer zu neuen Protesten?

Möglicherweise kommt es zu einem heißen September. Derzeit ist es für die Gewerkschaften schwierig, Menschen auf die Straße zu bringen. Das wird im September anders sein. Dann wird sich zeigen, wie tragfähig Samaras’ Reformkurs wirklich ist. Es wird zu diesem Zeitpunkt auch noch einmal zu einer Nagelprobe für die Regierungsparteien kommen. Andererseits versucht die Regierung von Samaras, der Opposition möglichst wenig Futter für Großdemonstrationen zu liefern.

Im September wird auch der Bericht der Troika vorliegen, von dem die Fortsetzung der internationalen Hilfszahlungen für Griechenland abhängt. Wie wird der Troika-Bericht ausfallen?

Ich beteilige mich ungern an diesen Spekulationen. Wenn man Bundesminister Philipp Rösler glauben durfte, dann lag der Troika-Bericht ja quasi schon vor.

Sie meinen damit Röslers Äußerung, es sei ersichtlich, dass Athen mit den Reformvorgaben von EU und Internationalem Währungsfonds nicht wie geplant vorankomme ...

Mein Eindruck ist, dass die Troika sich erst einmal ein Bild machen will, wie diese neue Regierung die Reformen vorantreiben will. Ich schätze die Regierung sehr positiv ein, insbesondere bei der Besetzung des Finanz- und Wirtschaftsressorts ist eine überzeugende Lösung gelungen. Die Regierung könnte die internationalen Geldgeber zusätzlich überzeugen, wenn es ihr gelingt, schon im August mit der Privatisierung weiter voranzukommen.

Rösler wirft der Regierung vor, dass es in Griechenland nach wie vor keine funktionierende Steuerverwaltung gibt.

Allen ist klar, dass die Steuerverwaltung noch verbessert werden muss. Nichtsdestotrotz sind die Einnahmen des griechischen Staates gestiegen und werden in diesem Jahr wohl noch weiter zunehmen.

Auch CSU-Chef Horst Seehofer teilt die Einschätzung Röslers, dass ein Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone seinen Schrecken verloren habe. Wie kommen solche Äußerungen in Griechenland an?

Welcher Investor wird sich nach Griechenland wagen, wenn gleichzeitig von außen deutlich gemacht wird, dass es sich um ein wirtschaftlich instabiles Feld handelt? Man muss auch von außen die Bedingungen dafür schaffen, dass die Athener Regierung in einem stabilen wirtschaftlichen Umfeld arbeiten und Staatsbeteiligung privatisieren kann. Man kann doch nicht zur Privatisierung aufrufen und gleichzeitig alles dafür tun, dass die Bedingungen dafür immer schwieriger werden. Es geht ja nicht darum, immer wieder zu sagen, dass Griechenland im Euro bleibt. Sondern es geht darum, manchmal einfach nichts zu sagen.

Das Gespräch führte Albrecht Meier.

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