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Der Chef der Linksfraktion im Erfurter Landtag, Bodo Ramelow.

© dpa

Interview mit dem Chef der Thüringer Linksfraktion: Ramelow will mit "unglaublich knapper Mehrheit" regieren

Der thüringische Linken-Politiker Bodo Ramelow ist zuversichtlich, dass eine rot-rot-grüne Regierung in seinem Bundesland auch mit einer Ein-Stimmen-Mehrheit über die Legislaturperiode kommt.

Von Matthias Meisner

Der Fraktionschef der Linken im Thüringer Landtag, Bodo Ramelow, ist auch bereit zu einer knappen rot-rot-grünen Mehrheit. Dem Tagesspiegel sagte er: "Die Regierung wird dann sehr stabil sein, wenn man den politischen Ansatz so wählt, dass sich alle drei Parteien in der Koalition aufgehoben fühlen."

Eine Stimme Mehrheit ist "eine unglaublich knappe Mehrheit", fügte Ramelow hinzu. "Aber eine, die man meistern kann." Es gebe Bundesländer, "die es seit Jahren schaffen, ihr Land mit einer Stimme Mehrheit gut und erfolgreich zu regieren". Der Kandidat für das Ministerpräsidentenamt erklärte weiter: "Es muss und wird deutlich werden, dass die Staatskanzlei in Zukunft das Zentrum des Dreierbündnisses wird. Und nicht eine einzelne Abteilung von Bodo Ramelow oder der Partei Die Linke."

Eine Stasi-Belastung der beiden Linke-Landtagsabgeordneten Ina Leukefeld und Frank Kuschel sieht Ramelow ausdrücklich nicht als Problem an. "Beide haben Verantwortung eingestanden und bekennen sich zur Aufarbeitung", sagte er. "Bei Ina Leukefeld – die nicht für die Stasi, sondern für das Kommissariat I der Kriminalpolizei gearbeitet hat – wurde diese Frage außerdem vom Volk beantwortet. Sie ist direkt gewählte Abgeordnete." Ramelow betonte: "Der Respekt vor dem Wähler sollte es jetzt notwendig machen, nicht immer dieselbe Akte nach 25 Jahren zum 500. Mal benutzen. Aber klar ist, und das gilt dann sowohl für Frank Kuschel wie für Ina Leukefeld: Es wird von der Linken keinen Personalvorschlag für ein Regierungsamt geben mit Menschen, die mit dem Sicherheitssystem der DDR direkt oder indirekt verwoben waren."

Ramelow vermeidet den Begriff Unrechtsstaat für die DDR

Ramelow vermied in dem Interview, die DDR als Unrechtsstaat zu bezeichnen. Er habe allerdings schon vor fünf Jahren gesagt, dass es in der DDR "schreiendes Unrecht" gegeben habe. Die DDR sei "gescheitert an ihren eigenen Widersprüchen". Und: "Mit ihrer Willkür gegenüber den Menschen konnten sie niemanden mehr überzeugen." Sie selbst habe sich als Diktatur bezeichnet, als Diktatur des Proletariats. "Sie hat von sich gesagt, sie will kein bürgerlicher Rechtsstaat sein. Ich bin ein Anhänger des bürgerlichen Rechtsstaats."

Papier zur Vergangenheit könnte die Präambel im Koalitionsvertrag werden

Bei ihren Sondierungsgesprächen am Dienstagabend in Erfurt hatten sich Linke, SPD und Grüne auf ein gemeinsames Papier zur DDR-Vergangenheit geeinigt. Die Linke-Landesvorsitzende Susanne Hennig-Wellsow sagte, darin werde anerkannt, dass die DDR eine Diktatur und ein Unrechtsstaat gewesen sei. Nach ihren Worten sind sich alle drei Parteien bewusst, dass aus dieser Vergangenheit eine besondere Verantwortung erwächst, sollte Thüringen einen Linke-Ministerpräsidenten bekommen. Das Papier könnte die Präambel zu einem möglichen Koalitionsvertrag bilden, hieß es aus Kreisen der potenziellen Partner. In der Linkspartei selbst ist der Begriff "Unrechtsstaat" für die DDR seit Jahren hoch umstritten. Beispielsweise Bundestagsfraktionschef Gregor Gysi lehnt ihn als unzutreffend ab.

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