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Griechenlands Not und Röslers Beitrag. Der Bundeswirtschaftsminister hat sich am Mittwoch mit Wirtschaftsvertretern Gedanken gemacht, wie man Griechenland helfen kann. Ob der neue Parteivorsitzende damit auch seiner FDP hilft? Sie liegt nach der neuesten Forsa-Umfrage bei nur noch drei Prozent.

© Reuters

Investitionen und Bürokratieschulung: Wie Wirtschaftsminister Rösler Griechenland unterstützen will

Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) lädt Vertreter der deutschen Wirtschaftsverbände zur Beratung über die Griechenlandhilfe - doch die können oder wollen keine Zusagen machen.

Von Antje Sirleschtov

Wenn Wirtschaftsminister ankündigen, dass sie bei Gipfeltreffen die Wirtschaft treffen werden, dann sind die Erwartungen meist sehr hoch. Zumal wenn es dabei, wie im aktuellen Fall, um die Rettung eines ganzen Landes, nämlich Griechenland, geht. Angesichts der großen Probleme im Süden Europas wurden im Vorfeld bereits überdimensionale Rettungspläne an die Wand gemalt und mit Begriffen wie einem Marshallplan hantiert, die milliardenschwere Investitionsprogramme suggerieren. Oft kommt bei solchen Gipfeltreffen jedoch nicht viel mehr als eine gemeinsame Bemühenszusage heraus.

Auch an diesem Mittwoch war das so. Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) hatte kurzfristig Vertreter der deutschen Wirtschaftsverbände zusammengerufen, um darüber zu beraten, wie man der am Boden liegenden griechischen Wirtschaft unter die Arme greifen kann. Schließlich wisse ja jeder, sagte Rösler, „dass nur die Gesundung der griechischen Wirtschaft zum Abbau der Staatsschulden führen wird“. Weil aber die Spitzenvertreter der Verbände – urlaubsbedingt – Röslers Einladung nicht folgen konnten, daher meist nur ihre Vertreter am Ministertisch saßen und Verbände in Deutschland ohnehin keinerlei Zusagen über eventuelle Investitionen ihrer Mitgliedsunternehmen in Griechenland abgeben können, geriet das Treffen, wie es ein Teilnehmer hinterher zusammenfasste, „eher zu einem Austausch von Gruselgeschichten über Investitionshemmnisse in Athen“. Womit die erste Erwartung, nämlich die nach Milliardeninvestitionen, die die deutsche Wirtschaft nun in Griechenland vornehmen wird, enttäuscht werden muss: Niemand hat am Mittwoch irgendwelche Zusagen gemacht, weder der Wirtschaftsminister noch die deutsche Wirtschaft.

Das gemeinsame „Projekt Griechenland“ hat nach dem zweistündigen Treffen trotzdem einen Schritt nach vorne gemacht: Man ahnt nun zumindest, wie groß die Aufgabe ist und welche Schritte zunächst folgen müssen. Rösler umriss den Zustand der griechischen Wirtschaft in einem Vergleich mit Polen – allerdings mit dem Polen vor zwanzig Jahren. Monopolartige Strukturen in wichtigen Industriezweigen, mangelhafte Infrastruktur, Rechtsunsicherheit, hohe Löhne bei schlechter Ausbildung, Bürokratie, Korruption und fehlende Finanzierungsstrukturen für Unternehmen: „Der Strukturwandel in Griechenland“, sagte Rösler, „wird nicht von heute auf morgen funktionieren.“

Glaubt man Rösler, dann ist die griechische Regierung durchaus bereit, sich mit Rat und Tat aus Deutschland helfen zu lassen, auf dass am Ende deutsche Unternehmen ausreichend interessante Investitionsbedingungen vorfinden werden. Schon im August soll es dazu erste Gespräche in Athen geben. Unter anderem soll es um Rechts- und Vertragssicherheit gehen, aber auch um ganz profane Angelegenheiten der Verwaltung: nämlich das Ausfüllen von Förderanträgen. Um Geld aus den vielen bereits existierenden Förderprogrammen der EU bekommen zu können, muss man offenbar clever sein und die staatlichen Strukturen kennen. Rösler behauptete am Mittwoch, als Wirtschaftsminister in Niedersachsen habe er einst die meiste Zeit auf Ausfüllen und Durchsetzen solcher Anträge verwandt, weshalb er nun den griechischen Kollegen „Amtshilfe“ in dieser Disziplin geben wolle.

Und weil deutsche Unternehmen schon längst in Griechenland investiert hätten, wenn es sich dort mehr lohnen würde als etwa in Mecklenburg-Vorpommern, will Rösler unter anderem die Finanzierung von Investitionen, vor allem bei Mittelständlern, erleichtern. Am Mittwoch wies er darauf hin, dass die Bundes-Förderbank KfW bereits jetzt Programme anbiete, die den Weg nach Athen erleichtern würden. Mit den griechischen Kollegen wolle er jedoch auch darüber sprechen, in Athen eine eigene Förderbank zu installieren. Offenbar ist die Verbilligung von Geld der meistversprechende Weg zur Ankurbelung von ausländischen Investition in die griechische Wirtschaft. Weshalb es am Ende wohl doch darauf hinauslaufen könnte, dass die Europäer nicht nur die Schulden der Griechen von gestern absichern, sondern auch einen neuen Marshallplan zum ökonomischen Aufbau finanzieren müssen.

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