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IOC unter Druck: Internationale Proteste gegen Olympia

Seine Ankunft in der Olympiastadt Peking hatte sich Jacques Rogge wohl anders vorgestellt. Statt mit Jubel wurde der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) am Donnerstag am Pekinger Flughafen durch kritische Fragen von Reportern begrüßt.

Am Tag zuvor war bekannt geworden, dass Pekings Organisatoren mit dem Wissen des IOC den Internetzugang für Journalisten und Teilnehmer der Olympischen Spiele zensieren. Rogge wich den Fragen der Journalisten aus: Kein Kommentar. Für ihn musste der unglückliche IOC-Pressechef Kevan Gosper erklären, was ihn selbst überraschte: „Das ist mit Sicherheit nicht das, was wir den internationalen Medien garantiert haben und es widerspricht den normalen Bedingungen für die Berichterstattung“, sagte er. Über die Entscheidung müsse Rogge zumindest „informiert gewesen sein“.

Menschenrechtsorganisationen, Journalisten- und Sportverbände aus aller Welt kritisierten die Akzeptanz von Pekings Zensurpolitik durch das IOC scharf. Der Verein der Auslandskorrespondenten in China (FCCC) warf der Regierung vor, ihre Versprechen einer freien Berichterstattung zu brechen. „Die Kontrollen widersprechen dem Umfeld, das die Gastgeber versprochen haben, und stehen im Gegensatz zu den Versicherungen des Internationalen Olympischen Komitees, dass die Presse wie bei früheren Spielen arbeiten kann“, hieß es.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) warf dem IOC vor, sich hinter der von Rogge bevorzugten „stillen Diplomatie“ zu verstecken. „Es hat ein Zeitfenster gegeben, in dem klar war, wie wichtig den Chinesen ein Gelingen der Spiele ist. In diesem Zeitfenster hätte das IOC Druck ausüben müssen“, erklärte AI-Expertin Verena Harpe – aber es habe diese Gelegenheit nicht genutzt.

Der Generalsekretär des Deutschen Olympischen Sportbundes, Michael Vesper, forderte Rogge auf, ein „deutliches Wort“ mit den Pekinger Organisatoren zu sprechen: „Natürlich gehört zur Pressefreiheit auch die freie Recherchemöglichkeit.“ Dazu gehöre Zugang zum Internet.

Der ehemalige tschechische Präsident Vaclav Havel, der Vizepräsident des Europaparlaments Edward McMillan-Scott, der chinesische Regimekritiker Wei Jingsheng und der Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu haben sich in einem offenen Brief an das IOC für eine freie Meinungsäußerung der Athleten während der Spiele ausgesprochen: Es müsse ihnen jederzeit möglich sein, sich zur Menschenrechtssituation zu äußern.

Der Sprecher des Pekinger Organisationskomitees, Sun Weide, rechtfertigte die Zensurpolitik.: „Lediglich einige Internetseiten sind blockiert, hauptsächlich weil sie chinesische Gesetze verletzten.“ Auf den Hinweis von Reportern, dass auch Webseiten ausländischer Medien gesperrt seien, ging er nicht ein. Auch die Hongkonger Zeitung „Apple Daily“ und der chinesische Dienst von BBC sind gesperrt. Für die 25000 Journalisten bei Olympia bedeutet die Zensur, dass sie während der Spiele nur eingeschränkt über politische und gesellschaftliche Themen berichten können. „Die Organisatoren möchten offenbar, dass wir nur die staatliche Propaganda berichten“, wunderte sich ein spanischer Journalist. Im Staatsblatt „China Daily“ war am Donnerstag Lob für die „Offenheit für Medien bei Olympia“ zu lesen.

Harald Maass

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