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Irak: Baker-Kommission will offenbar Iran und Syrien einbinden

Angesichts der chaotischen Lage im Irak will die Baker-Kommission der US-Regierung laut Presseinformationen eine diplomatische Neuausrichtung und eine Einbindung der Regionalmächte Iran und Syrien empfehlen.

Washington/Bagdad - Das überparteiliche Gremium unter Leitung von Ex-Außenminister James Baker will das Weiße Haus zu einer "aggressiven diplomatischen Initiative" in Nahost drängen, berichtete die "New York Times". Dafür müssten die USA ihre Ablehnung von Gesprächen mit dem Iran und Syrien aufgeben. Umstritten sei in der Kommission noch die Frage eines Zeitplans für einen Truppenabzug. Die US-Bündnispartner Großbritannien und Polen stellten derweil eine deutliche Truppenreduzierung bis 2007 in Aussicht.

Während die Baker-Kommission bei den diplomatischen Empfehlungen weitgehend einig sei, herrsche in militärischen Fragen noch Uneinigkeit, berichtete die "New York Times" unter Berufung auf Kommissionsmitglieder. Mehrere Mitglieder der mit Vertretern beider großen Parteien besetzten Kommission seien der Meinung, nur ein größerer Truppenabzug könne Iraks Regierung überzeugen, effiziente eigene Truppenverbände aufzubauen. Diskutiert wird demnach ein phasenweiser Truppenabzug im kommenden Jahr von derzeit rund 150.000 auf dann 70.000 bis 80.000 Soldaten. Erwogen werde auch der Einsatz von deutlich mehr US-Ausbildungsspezialisten für das Training der irakischen Armee, berichtete das Blatt weiter.

Uneinigkeit um Truppenrückzug

Ob sich die Mitglieder der Kommission in der Frage des Truppenrückzugs einigen können, war laut "NYT" unklar. Bei zwei Sitzungen in dieser Woche solle über die Frage diskutiert werden. In den Differenzen spiegelten sich die gegensätzlichen Haltungen der Parteien wider: Während die Republikaner von Präsident George W. Bush sich nicht auf einen verbindlichen Zeitplan zum Truppenrückzug festlegen wollen, fordern viele Demokraten eine deutliche Reduzierung bis Ende 2007. Bush hat mehrfach erklärt, den für Dezember erwarteten Empfehlungen der Baker-Kommission erhebliches Gewicht in seiner künftigen Irak-Politik beizumessen. Ab Januar muss Bush wegen der Wahlschlappe seiner Republikaner mit einer demokratischen Mehrheit im Kongress regieren.

In London kündigte der britische Verteidigungsminister Des Browne eine deutliche Verkleinerung der britischen Streitmacht im Irak an. "Ich gehe davon aus, dass die Zahl der britischen Soldaten im Irak bis Ende kommenden Jahres deutlich niedriger sein wird", sagte Browne. Es gehe um "einige tausend" Soldaten. Derzeit hat Großbritannien etwa 7100 Soldaten im Süden des Irak stationiert. In Warschau kündigte Präsident Lech Kaczynski an, das polnische Kontingent bis Ende 2007 komplett aus dem Irak abzuziehen. Einen genauen Termin nannte er nicht. Polen hat derzeit etwa 880 Soldaten im Irak stationiert.

Prozess gegen Saddam Hussein fortgesetzt

In Bagdad wurde unterdessen nach knapp drei Wochen Pause der Prozess gegen den irakischen Ex-Präsidenten Saddam Hussein wegen Massakern an den nordirakischen Kurden fortgesetzt. Vor Gericht kamen Zeugen zu Wort, die über die Gräueltaten des Sicherheitsapparats bei der "Operation Anfal" in den 80er Jahren berichteten. Am Dienstag sollte der Prozess fortgesetzt werden. Bei dem Militäreinsatz gegen die Kurden im Nordirak wurden laut Anklage 1987 und 1988 mehr als 180.000 Kurden getötet. Der Prozess war Anfang November ausgesetzt worden, um mehr Zeit für Zeugen der Verteidigung einzuräumen. In einem anderen Verfahren war Saddam Hussein am 5. November zum Tode verurteilt worden. Dabei war es um die Ermordung von 148 Schiiten aus dem Dorf Dudschail gegangen. Gegen dieses Urteil läuft ein Berufungsverfahren. (tso/AFP)

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