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Hamoudi

© Privat

Irak: "Die Terroristen haben wir zurückgedrängt"

Der Schiitische Politiker Humam Hamoudi sieht erste Erfolge bei der inneren Aussöhnung im Irak.

Scheich Hamoudi, heute beginnt in Stockholm die zweite Konferenz „Pakt für den Irak“. 80 Regierungen beraten unter Leitung von UN-Chef Ban Ki Moon über Frieden, Wiederaufbau und Demokratie im Irak. Sie nehmen zusammen mit Regierungschef Nuri al Maliki an dem Treffen teil. Was können Sie der internationalen Gemeinschaft berichten?

Wir haben in letzter Zeit einiges erreicht bei der Sicherheit – in Basra, in Mossul, aber auch in Bagdad. Die Bevölkerung war sehr kooperativ, sie hat zum Beispiel mit Informationen geholfen. Die Lage im Basra haben wir im Griff, ebenso die kompliziertesten Stadtteile in Bagdad wie Al-Sadr-City. Mossul war eine Rückzugsbasis von Al Qaida, das ist nun vorbei. Wir haben die Terroristengruppen zurückdrängen können, aber auch andere bewaffnete Gruppen, die außerhalb von Recht und Gesetz agieren. Diese Erfolge wurden im Wesentlichen von der irakischen Armee erzielt, während die Amerikaner für die Luftunterstützung gesorgt haben.

Und auf der politischen Seite?

Ein breiter Dialog hat begonnen. Wir sind dabei, Regionalwahlen vorzubereiten. Wir haben ein Amnestiegesetz erlassen und ein neues Gesetz für den Umgang mit der Baath-Partei. Bei den Wirtschaftsinvestitionen gibt es Verbesserungen – auch dank des hohen Ölpreises. Im Jahr 2006 haben wir nur 30 Prozent des nationalen Haushalts in den Wiederaufbau investiert, im Jahr 2007 waren es 60 Prozent und in diesem Jahr werden es noch mehr sein – insgesamt 55 Milliarden Dollar. Wir wollen den Staaten der Welt auf der Konferenz in Schweden sagen, dass wir zu unseren Versprechen stehen: Wir sind der Demokratie verpflichtet, der inneren Aussöhnung im Land und der Verbesserung der Sicherheitslage.

Sie klingen sehr optimistisch. Zwischen zwei und drei Millionen Iraker sind in die Nachbarländer Syrien und Jordanien geflohen und fristen dort ein ärmliches Dasein. Was tun Sie für diese Menschen?

Nicht zu vergessen die zwei Millionen interne Flüchtlinge im Irak, die noch hinzukommen. Dieses Problem müssen wir zuerst anpacken. Wir müssen dafür sorgen, dass sie nach Hause zurückkehren können. Wir wollen den Vertriebenen Entschädigungen zahlen, den Familien in Syrien und Jordanien bieten wir durch die irakischen Botschaften Rückkehrhilfen an. Und wir organisieren Lebensmittelhilfen für die Flüchtlinge.

Was kann Deutschland für den Irak tun?

Wir sind überzeugt, dass Deutschland uns beim Wiederaufbau und beim Training unserer Leute sehr helfen kann. Wir haben zum Beispiel ein riesiges ehemaliges Militärgelände als neue Wirtschaftszone ausgeschrieben. Daraufhin haben wir Bewerbungen von über dreißig großen internationalen Firmen erhalten. Auch wünschen unsere Parlamentarier engere Verbindungen zu den Abgeordneten des Deutschen Bundestags.

Sie haben als schiitischer Oppositionspolitiker vor dem Irakkrieg Washington D.C. 2002 besucht und seither in Bagdad viele hochrangige amerikanische Politiker getroffen. Wie gut ist deren Verständnis von der irakischen Politik und Kultur?

Die USA sind die einzige Supermacht in der Welt. Darum glauben ihre Politiker, sie verstünden alles. In der ersten Zeit haben sie praktisch nie auf die Iraker gehört, das hat sich inzwischen verbessert. Aber manche Entscheidungen scheinen immer noch primär mit Blick auf Washington gefällt zu werden als mit Blick auf Bagdad.

Sie sind einer der führenden Vertreter der schiitischen Sciri-Partei, die die irakische Regierungskoalition trägt. Welchen Einfluss hat der Iran heute auf die inneren Angelegenheiten des Irak?

Je souveräner und unabhängiger der Irak wird, desto mehr wird der Einfluss des Iran zurückgehen. Ich bin überzeugt, je besser unsere Institutionen und Sicherheitskräfte funktionieren, je stabiler die innere Lage wird, desto einfacher können wir dann mit anderen Staaten auf gleicher Augenhöhe umgehen. Der Irak könnte eine wichtige Rolle spielen bei der Stabilisierung des Mittleren Ostens. Wir haben eine zentrale geographische Lage, wir haben eine gemeinsame Grenze mit Iran und Saudi-Arabien und wir sind Nachbarn von Israel. Wir möchten keiner Koalition mehr angehören, die sich gegen irgendeinen anderen richtet. Wir wünschen gute Beziehungen zu allen Staaten der Region. Darum möchten wir helfen, zwischen Iran und Saudi-Arabien zu vermitteln. Und darum geben wir uns sehr viel Mühe, den Dialog zwischen Iran und den USA zu fördern.

Das Gespräch führte Martin Gehlen.

Humam Hamoudi (56) ist schiitischer Geistlicher. Der studierte Psychologe gehört als Vorsitzender des auswärtigen Ausschusses zu den einflussreichsten irakischen Politikern.

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