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Saddam

© AFP

Irak: Saddam: Heldenverehrung eines Hingerichteten

Im Irak ist die Verehrung für Saddam Hussein ein Jahr nach der Hinrichtung des Diktators groß. Vor allem die Sunniten wünschen sich den früheren Machthaber zurück. Bei den Schiiten herrscht dagegen überwiegend Erleichterung.

Der 9. April 2003 war der Anfang vom Ende des Lebens von Saddam Hussein. An jenem Tag nahm der damalige irakische Präsident zum letzten Mal ein Bad in der Menge - nur Stunden, bevor die US-Armee die Hauptstadt Bagdad einnahm. Acht Monate später wurde Saddam Hussein in einem Erdloch aufgespürt und festgenommen - und wiederum drei Jahre später endete sein Leben im Alter von 69 Jahren am Strang. Am Sonntag jährt sich die Hinrichtung des früheren Machthabers zum ersten Mal.

Für die meisten Iraker hat Saddam Hussein zu Recht mit dem Tod für seine Gräueltaten gebüßt. Doch nicht wenige Landsleute verehren den einstigen Machthaber wie einen Helden, etwa die Bewohner des Bagdader Sunnitenviertels Adhamija, in dem sich Saddam Hussein an jenem 9. April 2003 zum letzten Mal einer jubelnden Menge präsentierte.

"Die Bilder sind wieder da, wie in einem Film"

Die Bilder dieses Tages, an dem Saddam Hussein seine Anhänger ein letztes Mal auf einen Sieg über die US-Truppen einschwor, haben sich im Gedächtnis von Abu Rima eingemeißelt. "Die Bilder sind wieder da, wie in einem Film. Es war Mittwoch, der 9. April, vor der Abu-Hanifa-Moschee", erinnert sich der ehemalige Lehrer. "Nur wenige Stunden, bevor die amerikanischen Panzer den Ferdaus-Platz erreichten und die Statue von Saddam stürzten, war er bei uns", berichtet der 65-Jährige sichtlich bewegt.

Die Fernsehbilder einer triumphierenden Menschenmenge, die mit Hilfe von US-Soldaten die riesige Saddam-Hussein-Statue vom Sockel stürzte, gingen damals um die Welt. Kurz zuvor habe sich der Präsident gar nicht weit von dem Ferdaus-Platz entfernt aufgehalten, sagt Abu Rima, der selbst Mitglied der damals regierenden Baath-Partei war.

Auch nach der Verhängung des Todesurteils gegen Saddam Hussein wegen der Tötung von 148 Bewohnern des Dorfes Dudschail 1982 ist Saddam Hussein für Abu Rima kein Krimineller, sondern ein "Held". Auch ein anderer Bewohner des Sunnitenviertels Adhamija, Mohammed el Obeidi, ist noch immer beeindruckt von Saddam Husseins letztem Auftritt und schwärmt von dessen "Charisma". "Als er zu uns sprach, war ich so bewegt, dass ich ein Gewehr suchte, um als Zeichen des Sieges gegen die Amerikaner in die Luft zu schießen", sagt er.

Letzte Bühne vor Gericht

Die nächsten öffentlichen Bilder von Saddam Hussein haben nichts Stolzes oder Heldenhaftes mehr: Sie zeigen den in die Hände des Feindes geratenen Staatschef mit zerzaustem Haar und langem Bart. Die US-Armee griff ihn am 13. Dezember 2003 in seinem Versteck auf, einem Erdloch bei Tikrit. Der US-Gouverneur im Irak, Paul Bremer verkündete der Welt im Fernsehen: "Wir haben ihn."

Um den Anfang eines neuen, demokratischen Irak zu demonstrieren, soll Saddam Hussein ein Prozess gemacht werden - seine Aussagen vor Gericht dienen dem entmachteten Präsidenten als letzte Bühne. Am 19. Oktober 2005 betritt er zum ersten Mal die Anklagebank. Im November 2006 wird er zum Tode verurteilt. Am Morgen des 30. Dezember 2006 - dem ersten Tag des islamischen Opferfestes - betritt Saddam Hussein den Hinrichtungsraum. Wenige Minuten später ist er tot.

Sunniten trauern, Schiiten jubeln

Für einen Skandal sorgen anschließend im Internet veröffentlichte Videobilder von der Exekution. Auf den per Handy aufgenommenen Bildern ist der Todeskandidat zu sehen, wie er in einem letzten Aufbegehren das Verbinden seiner Augen mit einem schwarzen Band verweigert und allein zum Galgen schreitet. Durch das Video kommt heraus, dass Umstehende Saddam Hussein noch kurz vor seinem Tod beleidigten - die irakischen Sunniten reagieren empört, und sogar US-Präsident George W. Bush kritisiert den Umgang mit seinem Erzfeind kurz vor dessen Tod.

Die Schiiten feiern die Hinrichtung ihres einstigen Peinigers mit Freudentänzen auf den Straßen. Für die Sunniten dagegen steht der Verlust Saddam Husseins für das Chaos, die Hoffnungslosigkeit und die Gewalt, die seit Jahren im Land herrschen. Aber der Kampf sei nicht vorbei, sagt Abu Rima. "Adhamija war das letzte Viertel, das in die Hände der Amerikaner fiel. Unser Kampf geht weiter. Eines Tages werden wir gewinnen."

Jay Deshmukh[AFP]

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