zum Hauptinhalt
Kurden feiern nach der Schließung der Wahllokale für eine Referendum für einen unabhängigen kurdischen Staat.

© dpa/Oliver Weiken

Irak: Wahlkommission erwartet Mehrheit für Unabhängigkeit der Kurden

Die Menschen in Iraks Kurden-Gebieten feiern ihr Referendum über einen unabhängigen Staat. Doch das erwartete Ergebnis könnte zu Spannungen in der Region führen.

Nach dem umstrittenen Unabhängigkeitsreferendum der Kurden im Nordirak rechnet die Wahlkommission mit einer deutlichen Mehrheit für eine Abspaltung vom Rest des Landes. Die ersten Auszählungen deuteten darauf hin, dass mehr als 90 Prozent der Wähler für die Unabhängigkeit gestimmt haben. Die vorläufige Wahlbeteiligung lag bei mehr als 72 Prozent, wie die Kommission am Montagabend weiter mitteilte. Das endgültige Ergebnis will sie innerhalb von drei Tagen verkünden.

Nach dem Referendum feierten die Kurden ausgelassen auf den Straßen. Durch die kurdische Hauptstadt Erbil fuhren hupende Autos, teilweise brach der Verkehr zusammen. Menschen tanzten auf den Bürgersteigen und schwenkten rot-weiß-grüne kurdische Fahnen. Immer wieder stieg Feuerwerk auf, Freudenschüsse waren zu hören.

"Kriegserklärung an Einheit des irakischen Volks"

Unterdessen wächst die Sorge vor neuen Spannungen in der Region. UN-Generalsekretär António Guterres befürchtete am Montag „möglicherweise destabilisierenden Folgen“. Er respektiere die Souveränität, territoriale Integrität und Einheit des Irak, ließ Guterres in New York mitteilen. Alle Konflikte zwischen Iraks Zentralregierung und der kurdischen Regionalregierung sollten durch „strukturierten Dialog und konstruktiven Kompromiss“ gelöst werden.

Die nordirakischen Kurden hatten das historische Referendum über ihre Unabhängigkeit am Montag trotz scharfer internationaler Kritik durchgeführt. Das Ergebnis ist jedoch rechtlich nicht bindend.

Die irakische Zentralregierung hatte die Abstimmung als nicht verfassungsgemäß verurteilt. Vize-Präsident Nuri al-Maliki sagte, „das Referendum sei eine Kriegserklärung an die Einheit des irakischen Volks“.

Auch aus der Türkei kam Kritik. Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan drohte mit einem Stopp des kurdischen Ölexports und einer militärischen Intervention im Nordirak nach dem Vorbild des türkischen Einmarsches in Syrien. Das Referendum nannte er „null und nichtig“.

Der Nachbar Iran schloss nach dem Luftraum nach offiziellen Angaben auch die Landgrenze zu den Kurden-Gebieten. Allerdings gab es unterschiedliche Berichte dazu, ob ein Grenzübergang weiterhin geöffnet blieb. Die Türkei und der Iran fürchten Auswirkungen auf die Autonomiebestrebungen ihre eigenen kurdischen Minderheiten.

Kurden versprechen Stabilität

Das US-Außenministerium ist „zutiefst enttäuscht“ über die Entscheidung der kurdischen Regionalregierung im Nordirak, ein Unabhängigkeitsreferendum durchzuführen. Die Abstimmung werde das Verhältnis der Kurden zum Irak wie auch zu den Nachbarländern „deutlich verkomplizieren“, hieß es am Montag (Ortszeit) in einer Mitteilung des Ministeriums in Washington. Zwar werde das nicht bindende Referendum das Verhältnis der Vereinigten Staaten zu den Bewohnern der Kurdengebiete im Nordirak nicht ändern. Aber es werde die Instabilität in der Region erhöhen und das Elend der Bevölkerung verschlimmern.

Die USA sehen durch das Referendum den Kampf gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) gefährdet sehen. Für diesen erhalten die Kurden auch militärische Hilfe aus Deutschland.

Für viele Kurden würde sich mit der Unabhängigkeit ein langgehegter Traum erfüllen. Sie verweisen darauf, dass sie lange von der Zentralregierung unterdrückt und bekämpft worden seien.

Kurden-Präsident Massud Barsani hatte die umstrittene Abstimmung am Sonntag verteidigt und erklärt, die Partnerschaft mit Bagdad sei gescheitert. Der Türkei und dem Iran versicherte er, ein Stabilitätsfaktor in der Region zu sein. Die kurdischen Peschmerga-Kämpfer seien bereit, auf jeden Angriff zu reagieren. (dpa)

Zur Startseite