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Iran: "Jetzt ist die Zeit für Härte gekommen"

Das Regime im Iran ist offenbar entschlossen, die Bevölkerung im Vorfeld des Revolutionstages am 11. Februar mit drastischen Schritten einzuschüchtern - und kündigt neue Hinrichtungen an.

Letzte Woche ließ Teheran zwei junge Männer „wegen Verschwörung gegen die Islamische Republik“ hinrichten. Am Dienstag erklärte der Vizechef der nationalen Justizbehörde, die Todesurteile gegen neun weitere Angeklagte würden „bald“ vollstreckt. Alle Betroffenen seien „mit einer konterrevolutionären Strömung verbunden und haben an den Unruhen mit dem Ziel, die Führung zu stürzen, teilgenommen“.

Oppositionsführer Mir Hossein Mussawi reagierte auf diese Ankündigung mit seiner bisher schärfsten Kritik an den Zuständen in seinem Land. Die islamische Revolution von 1979 sei gescheitert, „weil die Wurzeln von Tyrannei und Diktatur aus der Zeit der Monarchie“ immer noch existierten. Der Iran stehe heute da „wie jedes andere tyrannische Regime auf der Welt“. Eine Diktatur im Namen der Religion, „das ist überhaupt das Schlimmste“, schrieb der Ex-Premier auf seiner Website Kaleme.org. Der klarste Beleg für das tyrannische Profil sei der Missbrauch von Parlament und Justiz. „Wir haben das Vertrauen in die Justiz total verloren.“

Der Reformgeistliche Mehdi Karroubi und der frühere Präsident Mohammed Chatami riefen die Bürger derweil auf, am 11. Februar in großer Zahl auf die Straße zu gehen. Das Volk habe ein Recht auf öffentliche Kundgebungen. „Gesellschaftlicher Protest aber sollte nicht beantwortet werden mit Unterdrückung, Gefängnis oder gar Exekution“, sagte Chatami. Das werde die Krise nur weiter verschärfen.

Über die Zahl der Todesurteile in dem großen Schauprozess gegen 100 Angeklagte nach den Juni-Unruhen sowie in dem zweiten Schauprozess gegen 16 Angeklagte nach den Ashura-Unruhen gibt es seitens der iranischen Behörden widersprüchliche Angaben. So erklärte der Teheraner Chefankläger Abbas Jafari Dowlatabadi letzte Woche, insgesamt seien neun Menschen im Zusammenhang mit den Protesten gegen die Wiederwahl von Mahmud Ahmadinedschad zum Tode verurteilt worden, darunter fünf für ihre Teilnahme an den Ashura- Straßenschlachten.

In früheren Äußerungen hatte Dowlatabadi behauptet, bereits in dem großen Schauprozess vom August seien fünf Angeklagte zum Tode verurteilt worden. Gegen 80 weitere Regierungskritiker hatte der Revolutionsgerichtshof in den letzten Monaten Haftstrafen zwischen sechs Monaten und 15 Jahren verhängt. Mit den Ankündigungen vom Dienstag jedoch beläuft sich die Zahl der erfolgten und offenbar geplanten politischen Hinrichtungen auf insgesamt elf Menschen.

Gleichzeitig meldete sich der Chef der iranischen Justiz, Sadegh Laridschani, mit einer ungewöhnlichen Stellungnahme zu Wort, die tiefe Risse im konservativen Regierungslager offenbart. Er werde dem wachsenden Druck aus dem konservativen Establishment nicht nachgeben, die Exekutionen von Regierungsgegnern zu beschleunigen, schrieb der Kleriker auf der Website der Justizverwaltung. Es gebe politische Kräfte, die von der Justiz verlangten, das Recht zu brechen, um die Opposition zerschlagen zu können.

Der 49-jährige Justizchef ist ein Bruder von Parlamentspräsident Ali Laridschani, der als Gegner Ahmadinedschads gilt. Seine ungewöhnliche Kritik gilt offenbar Ajatollah Ahmad Jannati, dem Chef des Wächterrates und einem erklärten Anhänger Ahmadinedschads. Dieser hatte letzte Woche bei seiner Freitagspredigt auf dem Campus der Teheraner Universität erklärt, der Protest im Land wäre längst verstummt, wenn die Justiz Regierungsgegner schon viel früher aufgehängt hätte. Für Gnade gebe es keinen Spielraum mehr, rief Jannati aus. „Jetzt ist die Zeit für Härte gekommen.“

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