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Iran: "Schikane und Einschüchterung"

Die Festnahme von neun örtlichen Mitarbeitern der britischen Botschaft in Teheran hat am Sonntag die Spannungen zwischen dem Iran und Großbritannien weiter verschärft. Das Regime ging unterdessen weiter gegen Mitglieder der Opposition vor.

Auch wenn einige der Festgenommenen nach einigen Stunden wieder freikamen, sprach der britische Außenminister David Miliband von einer „beispiellosen Schikane und Einschüchterung“. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Fars werfen die Behörden den Mitarbeitern vor, an den Unruhen nach der Wahl teilgenommen und diese angestachelt zu haben. Die Vorstellung, dass die britische Botschaft in irgendeiner Form hinter den Demonstrationen und Protesten in Teheran in den vergangenen Wochen stecke, „entbehrt jeder Grundlage“, sagte Miliband. Anfang der Woche hatte die iranische Führung zwei britischen Diplomaten die Aufenthaltserlaubnis entzogen. London forderte daraufhin im Gegenzug zwei Mitarbeiter der iranischen Botschaft zum Verlassen Großbritanniens auf. Der Oberste Religionsführer des Iran, Ajatollah Ali Chamenei, wies derweil mit scharfen Worten Äußerungen westlicher Politiker zu den Protesten der Bevölkerung zurück. Er bezeichnete die Bemerkungen „einiger europäischer und amerikanischer Verantwortlicher“ als „idiotisch“. Sie täten so, als ob alle ihre Probleme gelöst seien und nur der Iran noch Probleme habe, zitierte der staatliche Rundfunk Chamenei.

Zuvor hatte der Wächterrat nach einer neuerlichen Wende seiner Haltung den unterlegenen drei Präsidentschaftskandidaten Mir Hossein Mussawi, Mehdi Karroubi und Mohsen Rezai angeboten, zehn Prozent der Urnen könnten im Beisein von ihren Vertretern neu ausgezählt werden. Am Freitag hatte das 12-köpfige Gremium noch erklärt, die Wahl sei die sauberste gewesen seit Bestehen der Islamischen Republik. Mussawi und Karroubi lehnten den Vorstoß ab: „Ich beharre auf einer Annullierung der Wahl”, schrieb der Ex-Premier auf seiner Website. Karroubi forderte in einem Brief an den Wächterrat eine unabhängige Untersuchungskommission. Diese müsse die volle Befugnis haben, „alle Aspekte“ der umstrittenen Abstimmung zu untersuchen, erklärte der langjährige Parlamentspräsident. Mitarbeiter von Mohsen Rezai erklärten, anders als behauptet hätten Wächterrat und Innenministerium bislang nicht eine einzige Wahlurne neu ausgezählt. Auch sei die Zahl der angeblich auf Rezai entfallenen Stimmen am Tag nach der Wahl in zwei aufeinander folgenden Zwischenresultaten des Innenministers nicht gestiegen, sondern um 60.000 Stimmen gefallen.

Das Regime ging unterdessen am Wochenende weiter gegen Mitglieder der Opposition vor und verhängte ein Ausreiseverbot gegen Mussawis Medienchef Abolfazl Fateh. Fateh reagierte kämpferisch. „Solche Schikanen können Menschen wie mich nicht dazu bringen, ihre politische Haltung zu ändern“, sagte der gelernte Chirurg der Nachrichtenagentur Irna. Nach Erkenntnissen von Human Rights Watch kommt es in Teheran inzwischen nachts zu systematischen Übergriffen von Basij-Milizen gegen Mussawi-Anhänger. Die Schlägertrupps drängen in Privatwohnungen ein, zerstörten das Mobilar oder vor dem Haus parkende Autos. In vielen Stadtvierteln würden Leute, die von den Dächern herunter „Allah ist groß“ rufen, gezielt verprügelt. Auch suchten die Milizen die Dächer von Häusern nach Satellitenschüsseln ab, um diese zu zerstören.

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