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© dpa

Irans Atomprogramm: Dialog statt Drohung

Es ist die lang erwartete Antwort auf die ausgestreckte Hand von US-Präsident Barack Obama: Am 1. Oktober finden sich der Iran, die fünf UN-Vetomächte und Deutschland zu einem Gespräch zusammen. Es soll auch um Irans Atomprogramm gehen.

Am 1. Oktober kommen der Iran und die fünf UN-Vetomächte sowie Deutschland zu einer neuen Gesprächsrunde zusammen. Dies sei ein „wichtiger erster Schritt“, sagte der US-Energieminister Steven Chu in Wien. Am Mittwoch hatte der iranische Außenminister Manuschehr Mottaki in Teheran das fünfseitige Gesprächsangebot übergeben, das die lange erwartete Antwort auf die ausgestreckte Hand von US-Präsident Barack Obama darstellt. Obwohl das iranische Atomprogramm darin nicht spezifisch erwähnt wird, haben die USA sich in Abkehr ihrer bisherigen Haltung zur Teilnahme an Gesprächen mit Iran bereiterklärt. Mottaki hatte am Sonntag ergänzt, es gebe die Möglichkeit, über Irans Atomprogramm zu sprechen, „sollten die Bedingungen reif sein“.

Iran hatte „allumfassende“ Verhandlungen vorgeschlagen, um einen Rahmen für „kooperative Beziehungen“ zu schaffen. Dabei sollten die Fehler der Vergangenheit vermieden werden – darunter versteht Iran wohl die Nutzung von „blanker Macht“ sowie „Druck und Drohungen“, auf die künftig verzichtet werden sollte. Die iranische Nation sei bereit zum Dialog, um Stabilität und Frieden in der Region zu schaffen, geht aus dem auf der Website für investigativen Journalismus www.propublica.org veröffentlichten Dokument hervor, dessen Authentizität von Diplomaten bestätigt wurde. Das Atomthema wird nur in den Vorschlägen für „Internationale Angelegenheiten“ erwähnt mit dem Angebot, die „Universalität des Nichtverbreitungsvertrages für Atomwaffen“ zu stärken und Programme zur vollständigen Abrüstung zu entwickeln, welche die „Entwicklung und Verbreitung von atomaren, chemischen und biologischen Waffen verhindern“ sollen.

Da Teheran in den vergangenen Jahren im Gespräch mit europäischen Staaten war, ist das Dokument recht eindeutig als Gesprächsangebot an die USA zu verstehen, die seit der Islamischen Revolution auf Regimewechsel setzen und keine Beziehungen zu Teheran unterhalten. Einen Neuanfang in den Beziehungen zwischen den USA und Iran sieht die israelische Sicherheitsexpertin Emily Landau denn auch als „entscheidend“ an. Sie spekuliert darüber, dass es möglicherweise „parallele Dialoge“ zwischen Iran und der Sechsergruppe sowie bilaterale Gespräche mit den USA geben wird. Landaus Hauptfrage bleibt allerdings: „In welchen Gesprächen wird die Atomfrage aufkommen?“ Sie fürchtet, dass Iran auf Zeit spielen will und forderte größere Entschlossenheit, gegen Iran vorzugehen, falls das Land seinen Verpflichtungen weiterhin nicht nachkomme.

Auch die meisten anderen Experten bei der außenpolitischen Jahrestagung der Heinrich-Böll-Stiftung zum Thema „Atomwaffenfreie Welt oder atomare Anarchie“ sahen am Wochenende eine Neudefinition des US-iranischen Verhältnisses als Voraussetzung für Fortschritte in Gesprächen über Irans Atomprogramm. Allerdings gehen die Ansichten darüber, wer was vorleisten muss, auseinander. „Iran braucht Sicherheitsgarantien von den USA“, sagt John Steinbrunner, Staatswissenschaftler an der Universität von Maryland. Bis Iran diese erhalte, sei jeder Versuch, Iran zu bedrängen, „nutzlos“. Diese Ansicht teilt der Sicherheitsexperte und Direktor des „Russischen Zentrums für Politik-Studien“ in Moskau, Vladimir Orlov. Iran werde die „rote Linie“ zur Herstellung von Atomwaffen nur überschreiten, wenn seine „legitimen Sicherheitsinteressen“ ignoriert werden, glaubt er. Die türkische Nahost- und Iranexpertin Arzu Celalifer Ekinci von der International Strategic Research Organisation in Ankara machte deutlich, dass aus türkischer Sicht die Isolierung Irans die größte Gefahr darstelle. „Die Integration Irans in das internationale Staatensystem ist der wichtigste Schritt“, meint Ekinci. Die Türkei begreife sich aufgrund seiner guten Beziehungen sowohl zu Israel als auch zum Iran als Moderator. Am Sonntag hatte das türkische Außenministerium allerdings eine iranische Meldung dementiert, nach der die nächste Runde der Atomgespräche in der Türkei stattfinden werde.

Dagegen warnt der amerikanische Sicherheitsexperte Henry Sokolski, seit Jahren beratend im US-Kongress tätig, davor, die iranische Rhetorik zu übernehmen. Der Nichtverbreitungsvertrag enthalte kein spezifisches Recht auf Urananreicherung, sondern erlaube dies nur unter der Prämisse, dass die Nutzung nachweisbar friedlichen Zwecken dient. Daher werde in den nächsten 12 Monaten eine Entscheidung über Iran anstehen. Dies werde ein „Test für Deutschland“ sein, meint Sokolski im Hinblick auf die guten Handelsbeziehungen der Bundesrepublik zu Iran.

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