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Irlands Nein: EU hofft auf rasche Lösung der Krise

Die EU lässt sich trotz des irischen Nein nicht in ihrem Elan bremsen - so soll die Botschaft lauten, die vom Brüsseler Gipfel ausgeht. Wie die Union weiter vorgehen will, wird aber wohl nicht entschieden.

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Kurz vor Beginn des EU-Gipfels in Brüssel zeigte sich der Präsident des Europaparlaments, Hans-Gert Pöttering (CDU), am Donnerstag „gedämpft zuversichtlich“, dass der Vertrag von Lissabon das Irland-Referendum ohne Blessuren übersteht. Nach der Ablehnung in Irland in der vergangenen Woche waren es ausgerechnet die Briten, die dem Lissabon-Vertrag neues Leben einzuhauchen versuchten: Das Londoner Oberhaus stimmte dem Vertrag am Mittwochabend zu, anschließend unterschrieb die Queen das Ratifizierungsgesetz.

Die EU lässt sich trotz des irischen Nein nicht in ihrem Elan bremsen – die Botschaft soll vom Brüsseler Gipfel ausgehen, der am späten Nachmittag begann. Luxemburgs Premier Jean-Claude Juncker sprach sich vor dem Treffen für eine rasche Lösung der Vertragskrise aus. Der künftige EU-Ratspräsident Nicolas Sarkozy solle sämtliche Vorschläge bündeln, sagte er dem „Luxemburger Wort“. Anschließend solle die EU beim Gipfel im Oktober „den Ausweg aus der derzeitigen Krise festschreiben“.

Nach dem Nein der Iren sind mehrere Optionen denkbar – ein Weitermachen mit dem ungeliebten Nizza-Vertrag, eine zweite Abstimmung in Irland, ein Voranschreiten der übrigen 26 Staaten oder ein „Kerneuropa“, das eine Art europäische Avantgarde bildet. Er sei „beunruhigt“, sagte Juncker in Brüssel, da ihm von allen Auswegsszenarien „keines wirklich“ gefalle. Wie es weitergeht, hängt entscheidend auch von Sarkozy ab, der im Juli für ein halbes Jahr die EU-Ratspräsidentschaft übernimmt. Eine zweite Abstimmung in Irland sei „die bevorzugte Option“ Sarkozys, berichtete „Le Figaro“.

Noch vor dem Gipfel wollte der irische Premier Brian Cowen mit Merkel, Pöttering und dem amtierenden EU-Vorsitzenden Janez Jansa über Auswege diskutieren. Konkrete Vorschläge werden bei diesem Gipfel aber noch nicht erwartet. „Irland braucht Zeit, um die Entscheidung der vergangenen Woche zu analysieren und mögliche Optionen zu prüfen“, sagte Cowen nach einem Treffen mit EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso. Barroso hält den Gipfel im Oktober für „die richtige Gelegenheit“, um das Irlandproblem weiter zu bereden.

Angela Merkel hatte bereits am Vormittag in einer Regierungserklärung im Bundestag jeder „Kerneuropa“-Strategie eine Absage erteilt. Solche Überlegungen seien „fahrlässig“. Die Einheit Europas sei die richtige Antwort auf die Herausforderungen der globalen Welt. Das erfordere Geschlossenheit aller EU-Mitglieder in den Kernfragen. Dabei müsse Irland die Chance erhalten, wieder in den europäischen Reformprozess zurückzufinden. Einen „Kuhhandel“, um das Vertragswerk von Lissabon der irischen Bevölkerung doch noch schmackhaft zu machen, lehnte sie aber ab. „Ein besseres Reformpaket werden wir kaum schnüren können.“

Die Kanzlerin wandte sich gegen eine neue Denkpause. Auch mit Blick auf die Europawahl im Frühjahr müssten Entscheidungen rasch fallen. Merkel machte deutlich, dass sie vor dem Herbst keine Lösung erwartet. Bis dahin müssten aber alle anderen EU-Mitglieder, die dem Lissabon-Vertrag bisher noch nicht zugestimmt haben, ihre Ratifizierungsverfahren fortsetzen. Deutschland hat das Verfahren inzwischen abgeschlossen.

Redner der Opposition warfen Merkel vor, sie habe nicht klargemacht, wie sie sich den Weg aus der Krise vorstelle. Der Grüne Jürgen Trittin sagte, das „eigentümliche Schweigen“ der Politik zu Lösungswegen sei einer der Gründe für die mangelnde Popularität Europas bei den Bürgern.

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