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Irritationen: Stoiber in der CSU unter Druck

Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber ist wegen seines Verzichts auf ein Ministeramt in Berlin in den eigenen Reihen massiv unter Druck geraten. Zahlreiche Landtagsabgeordnete äußerten am Mittwoch scharfe Kritik am Parteichef.

München - Auch führende CSU-Politiker sahen Stoibers Stellung geschwächt und forderten für die weitere Arbeit in Bayern einen neuen Politikstil. Gleichwohl zeigte sich die Parteispitze zuversichtlich, die Krise bald zu meistern.

Stoiber selbst äußerte sich nicht zu seiner Entscheidung. Zur Kritik an seinem Führungsstil nahm er nur indirekt Stellung. «Ich kriege jetzt sehr viele Ratschläge und wohlmeinende Überlegungen, was man alles in Bayern verbessern kann, und das ist natürlich alles wichtig für uns», sagte er zu Beginn einer dreitägigen Rom-Reise mit der Landtags-CSU. Am Dienstag hatte er angekündigt, nun doch nicht wie geplant als Wirtschaftsminister nach Berlin zu gehen, sondern Ministerpräsident in Bayern zu bleiben.

CSU-Landtagsfraktionschef Joachim Herrmann räumte «erhebliche Irritationen» ein. Die Entscheidung sei menschlich verständlich, aber für Außenstehende nur begrenzt nachvollziehbar. «Das Hin und Her der letzten Wochen und Monate hat viele Mitbürger irritiert und manche auch geärgert», sagte Herrmann. Er sei aber zuversichtlich, dass die CSU verloren gegangenes Vertrauen bald wiedergewinnen könne.

Staatskanzleichef Erwin Huber, der sich wie Innenminister Günther Beckstein um die Stoiber-Nachfolge in Bayern beworben hatte, sprach von einer «persönlichen Entscheidung» Stoibers, die alle respektieren müssten. «Dass es jetzt Erklärungs- und Begründungsbedarf gegenüber der Öffentlichkeit und unseren Mitgliedern gibt, ist selbstverständlich.»

Beckstein sagte: «Natürlich ist das Hin und Her etwas, was sein Ansehen nicht gefördert hat.» Gleichwohl sagte Beckstein dem Regierungschef weitere Mitarbeit zu. «Edmund Stoiber bleibt der Ministerpräsident, der die Entscheidungen trifft. Ich werde meine Arbeit als Innenminister und sein Stellvertreter fortsetzen.» Spekulationen, er könne Nachfolger von Landesgruppenchef Michael Glos in Berlin werden, wies Beckstein zurück. Glos soll anstelle von Stoiber das Wirtschaftsministerium übernehmen.

Landtagspräsident Alois Glück und die stellvertretende CSU-Vorsitzende Barbara Stamm mahnten von Stoiber mehr Teamgeist an. «Wir müssen wieder stärker zu einer teamorientierten Arbeit kommen», sagte Glück. Stamm sagte, Stoiber müsse seinen Teil zur Verständigung beitragen, teamfähiger werden und mehr auf Dialog setzen. «Man sollte die Dinge nicht vorgeben, sie müssen erarbeitet werden.»

Zahlreiche Abgeordnete äußerten sich drastischer. «Die Lage ist beschissen», sagte Sebastian Freiherr von Rotenhan (Haßberge). «Wenn ich mein Unternehmen so geführt hätte wie Stoiber die CSU im letzten halben Jahr, wäre ich pleite.» Gerhard Wägemann (Weißenburg) berichtete von zahlreichen Anrufen und Faxen empörter CSU-Mitglieder. «Die Leute sagen, das ist ein Trauerspiel und ein Kasperltheater. Und dafür habe ich vollstes Verständnis.» Der Chef der Jungen Union Bayern, Manfred Weber, forderte im «Rheinischen Merkur» eine Verjüngung des Kabinetts spätestens im nächsten Jahr. (tso/dpa)

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