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Politik: „Irrsinn“

Das Berliner Parlament streitet über die Hochschulpolitik des Senats

Von Sabine Beikler

Pfeifend, aber friedlich standen etwa 150 Studierende auf dem Parkplatz gegenüber dem Abgeordnetenhaus, als dort gestern Nachmittag eine Parlamentsdebatte über die Hochschulpolitik begann. Nur 20 Studenten hatten sich vor der letzten Plenarsitzung in diesem Jahr um Sitzungskarten bemüht. Und davon saßen rund ein Dutzend zu Beginn der von den Grünen beantragten Debatte auf den Zuschauer-Rängen. Der Rest wartete geduldig vor der Wandelhalle, um „vernünftig“ mit den Abgeordneten zu diskutieren, wie ein Student sagte.

Wissenschaftssenator Thomas Flierl (PDS) verteidigte die Sparvorgaben im Hochschulbereich als geringen Beitrag zur Haushaltssanierung: Zwischen 2006 und 2009 müssen die drei Berliner Hochschulen 75 Millionen Euro einsparen. Rot-Rot halte an den 85 000 ausfinanzierten Studienplätzen, dem Ausbau der Fachhochschulen und an der Einführung der Bachelor- und Master-Studiengänge fest. Flierl forderte einen bundesweiten Hochschulfinanzausgleich und bot den Studierenden wie auf dem PDS-Parteitag am vergangenen Wochenende den Dialog an.

Bert Flemming, der wissenschaftspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, sagte, in Berlin würden pro Kopf der Bevölkerung 638 Euro für die Hochschulen ausgegeben, im Bundesdurchschnitt seien es 348 Euro. Einsparungen müsse es also geben – aber sie seien „finanz- und nicht bildungspolitisch“ begründet, sagte Flemming. Er präsentierte einen Vorschlag, wie die Studienbedingungen an den Hochschulen trotz des Sparzwangs verbessert werden könnten: Die Semesterstundenzahlen der Professoren sollten von acht auf neun erhöht werden.

Der wissenschaftspolitische Sprecher der PDS-Fraktion, Benjamin Hoff, betonte, dass Berlin deutschlandweit die höchste Konzentration von Wissenschaftseinrichtungen habe. Dies sei ein Segen, keine Last. Das „Erbe“der Großen Koalition von CDU und SPD seien allerdings milliardenschwere Investitionsruinen, eine Schuldenfalle für das Land.

Lisa Paus von den Grünen forderte Rot-Rot auf, die Kürzungen von 75 Millionen Euro zurückzunehmen, sie seien „Irrsinn“. CDU-Fraktionschef Nicolas Zimmer ermahnte den Senat, die Ausfinanzierung von 85 000 Studienplätzen sicherzustellen – und mittelfristig bis auf 110 000 Studienplätze aufzustocken. Zimmer und der FDP-Fraktionschef Martin Lindner machten Flierl für die „konzeptionslose“ Hochschulpolitik verantwortlich. Lindner bezeichnete Flierl als „Puddingsenator“, der sich durch „Rückgrats- und Charakterlosigkeit“ auszeichne. Benjamin Hoff von der PDS warf ihm „Geschichtsvergessenheit“ vor: Seit 1990 hätten CDU-Wissenschaftssenatoren den Abbau von 115 000 auf 85 000 Studienplätze verantwortet.

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