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Politik: "Islam ist nicht nur Kopftuch" - Gülay Kizilocak vom Zentrum für Türkeistudien im Gespräch über Integration

Gülay Kizilocak (36) ist seit vier Monaten die Leiterin des Zentrums für Türkeistudien in der Außenstelle Berlin. Mit der Diplombetriebswirtin sprach Armin Lehmann.

Gülay Kizilocak (36) ist seit vier Monaten die Leiterin des Zentrums für Türkeistudien in der Außenstelle Berlin. Mit der Diplombetriebswirtin sprach Armin Lehmann.

Leistet das neue Staatsbürgerschaftsrecht einen Beitrag zur Integration?

Das mit Sicherheit. Immerhin hat man in Deutschland einen enormen Schritt unternommen und sich vom Abstammungsprinzip entfernt. Zudem ist die Frist für die Einbürgerung von 15 auf acht Jahre gesenkt worden. Allerdings ist das neue Gesetz nicht hinreichend genug. In der Öffentlichkeit tut man so, als würden die Ausländer mit dem neuen Pass mehr Rechte haben.

Die erhoffte große Zahl von Anträgen ist bisher ausgeblieben. Warum?

Dafür gibt es verschiedene Erklärungen. Beispielsweise die Sprachtests. Für die rund 1,26 Millionen Türken unter 30 Jahren ist dieser Test sicher kein Hindernis. Für die erste Generation aber schon, die würde einen solchen Test kaum bestehen. Hinzu kommt, dass die Gebühren für einen Pass von 100 auf 500 Mark erhöht worden sind. Auf jeden Fall kann es nicht sein, dass Bayern die Sprachtests härter machen darf als im übrigen Bundesgebiet.

Glauben Sie, dass die Zahl der Anträge dennoch steigen wird?

Wir haben eine Prognose erstellt. Wir gehen davon aus, dass in diesem Jahr etwa 134 000 neue deutsche Staatsbürger türkischer Herkunft hinzukommen werden. Wir gehen dabei von den bisherigen Einbürgerungszahlen aus. Eine Berechnungsgrundlage ist auch die Tatsache, dass jährlich rund 50 000 neugeborene Kinder hinzukommen, die einen türkischen Elternteil haben.

Vor allem jugendliche Ausländer finden keine Arbeit, was sind die Hauptursachen?

Erstmal muss man sagen, dass Deutschland es bisher nicht geschafft hat, die hohe allgemeine Arbeitslosigkeit abzubauen. Davon sind natürlich in erster Linie die Ausländer betroffen. Nach den EU-Richtlinien bekommen nach den Deutschen zunächst die EU-Angehörigen einen Job und dann die Türken als am größten vertretene Gruppe. Es wird den Ausländern vermittelt, dass sie nicht in die Gesellschaft gehören, das überträgt sich auch auf den Arbeitsmarkt.

Was kann dagegen getan werden?

Ein Antidiskriminierungsgesetz würde vielleicht helfen. Ausländer und Deutsche kommen in zwei Bereichen zusammen: am Arbeitsplatz oder in der Schule. Aber am Arbeitsplatz werden sie ausgegrenzt, weil sie die niederen Arbeiten tun, und in der Schule werden sie isoliert, weil sie unter sich bleiben. In den Bezirken mit hohem Ausländeranteil sind in den Schulen kaum Deutsche. Generell müssen alle Beteiligten über Konflikte reden, dafür sensibel werden. Dafür bieten wir Projekte, wo es um Konfliktmanagement geht. Es wird versucht, in Schulen und Betrieben den Deutschen die verschiedenen Kulturen näherzubringen. Islam ist eben nicht nur Kopftuch.

Leistet das neue Staatsbürgerschaftsrecht ein

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