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Vor acht Jahren wurde die Islamkonferenz ins Leben gerufen. Aber sie verliert an Bedeutung.

© dpa

Islamkonferenz: Innenministerium vergrault muslimische Persönlichkeiten

Die Islamkonferenz lebt vor allem von ihrer Symbolkraft. Doch die, um die es eigentlich geht, bleiben der Konferenz immer öfter fern. Was hat dieses Forum noch zu bieten?

Das dritte Treffen der Deutschen Islamkonferenz (DIK) in dieser Legislaturperiode – und wieder Krach, zumindest vor den Türen: Das Mantra „Der Islam gehört nicht zu Deutschland“ sprach diesmal Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU). Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU), der damit vor einem Jahr aufgetreten war, mochte das nicht kommentieren, die Muslime konnten nicht: Sie waren erstmals nicht dabei, als der Innenminister am Donnerstag die Ergebnisse ihrer Konferenz vor der Presse verkündete. Auf eigenen Wunsch, wie Friedrich sagte.

Was wurde auf der Konferenz behandelt?

Einige praktische Handreichungen, die den Alltag von Muslimen in Deutschland erleichtern sollen, sind die wesentlichen Ergebnisse der Konferenz seit dem letzten Plenum im März 2011. Im Zentrum standen dabei Geschlechterfragen und der Arbeitsmarkt. Bis 2013 soll das Thema Geschlechterrollen in einer Loseblattsammlung abgehandelt sein, die von Moscheegemeinden und muslimischen Vereinen bestellt werden kann. Einigkeit gab es, das betonte auch Minister Friedrich am Donnerstag erneut, dass das Machtgefälle zwischen Männern und Frauen, Gewalt und Zwangsehen eher ihren Grund in patriarchalischen Traditionen als in der Religion hätten. „Frauenhäuser wurden schließlich nicht für Musliminnen in Deutschland erfunden“, heißt es dazu aus dem Stab des Ministeriums.

Eine Broschüre „Bessere Integration von Musliminnen und Muslimen in den Arbeitsmarkt“ soll auch die Arbeitgeberseite aufklären, etwa darüber, dass die Pflicht der Muslime zum Gebet keinen Arbeitsprozess durcheinanderbringen muss. Für Manfred Schmidt, Präsident des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, ist das öffentliche Bild des Muslims – „schlecht ausgebildet, integrationsunwillig“ – eine entscheidende Hürde: „Das schlägt durch auf die Arbeitgeber.“

Ging es auch um die Koranverteilung?

Die Erwartungen seines niedersächsischen Kollegen Schünemann, der eine Erklärung der Konferenz zu den Gefahren durch koranverteilende salafistische Eiferer gefordert hatte, enttäuschte Innenminister Friedrich schon vor Tagen: Salafisten nur am Rande. Dabei blieb es. Die Arbeitsgruppe Prävention der Konferenz habe sich von Anfang an mit Extremismus und Fundamentalismus auseinandergesetzt und vor einem Jahr eine Erklärung dazu verfasst, die man bekräftigt habe, sagte Friedrich.

Wo steht die Islamkonferenz heute?

Es ist ruhiger um die DIK geworden in sechs Jahren. Ihre Berufung durch den damaligen Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) war 2006 ein Paukenschlag; erstmals akzeptierte der Staat die deutschen Muslime als Gesprächspartner, freilich ohne ihre Integration ins deutsche Religionsverfassungsrecht – das bezeichnenderweise oft noch Staatskirchenrecht heißt – wirklich zu betreiben. Die ist inzwischen in den zuständigen Ländern trotzdem auf dem Weg. Die Universitäten richten Lehrstühle für islamische Theologie ein, an immer mehr Schulen gibt es islamischen Religionsunterricht. Die Debatten der DIK haben das mit angestoßen. Auch der Forderung von Schäubles Nachfolger Thomas de Maizière, die Konferenz müsse praktischer werden, sind Taten gefolgt: Die DIK schafft durch Forschungsaufträge mehr Wissen über den deutschen Islam. Auf die erste Erhebung über die muslimische Bevölkerung folgten jetzt zwei über islamische Organisationen und Geistliche. Und die Konferenz hilft praktisch, etwa durch Arbeitshefte für Imame.

Hat die Islamkonferenz eine Zukunft?

Die DIK hatte stets vor allem symbolische Bedeutung. Und die wird seit langem schwächer. Seit de Maizière den Islamrat ausschloss und der Zentralrat der Muslime aus Protest gegen das staatliche Agendasetting freiwillig ging, ist selbst nach Schätzungen im Innenministerium nur noch die Hälfte der Moscheegemeinden vertreten. Die Herrschaft der Ministerialen vergrault seit Jahren gerade muslimische Einzelpersönlichkeiten. Der Schriftsteller Navid Kermani nannte die Vorgaben des Ministeriums „ein Diktat, keinen Dialog“, sein Kollege Feridun Zaimoglu verließ schon die erste DIK-Runde. Inzwischen leidet man zudem unter einem Minister, der seine Amtszeit mit Zweifeln an der Zugehörigkeit des Islam zu Deutschland begann und sie mit Warnungen vor jungen „Integrationsverweigerern“ fortsetzte. Die Islamwissenschaftlerin Armina Omeria geht deswegen, aber auch Teilnehmer, die die praktische DIK-Arbeit schätzen, wie der Stuttgarter Imam Abdelmalik Hibaoui, sehen sie „gestört“ durch Friedrich: „Ob der Islam Teil Deutschlands ist oder nicht, ist eigentlich nicht unser Thema. Aber es kostet uns sehr viel Energie.“

Am Ende sei die DIK „sicherlich nicht“, heißt es im Ministerium, es gebe noch einige Themen zu beackern. Ob das klappt, könnte davon abhängen, ob die DIK den Dialog zwischen Staat und Muslimen im sechsten Jahr auf Augenhöhe bringt.

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