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Islamkonferenz: Wer darf für die Muslime sprechen?

Das zweite Treffen der Islamkonferenz wurde von einem Problem überschattet: Wer darf in Deutschland für die Muslime sprechen? Im Islam gibt es keine den christlichen Kirchen vergleichbare Struktur mit klarer Mitgliedschaft und anerkannten Leitungsgremien.

Berlin - Die Bundesländer hätten gern einen Ansprechpartner, um über Religionsunterricht oder die Ausbildung von Imamen verhandeln zu können. Als solch ein Partner will der neu gegründete Koordinationsrat der Muslime anerkannt werden. Doch der Staat reagiert zurückhaltend. Bei der Islam-Konferenz sind daher auch andere Verbände und Einzelpersonen vertreten.

Ende März hatten der Zentralrat der Muslime, der Islamrat, die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB) und der Verband der Islamischen Kulturzentren (VIKZ) vereinbart, im Koordinationsrat künftig mit einer Stimme zu sprechen. Derzeit ist Ayyub Axel Köhler, der Vorsitzende des Zentralrats, Sprecher der gemeinsamen Interessenvertretung. Zusammen repräsentieren die Verbände knapp drei Viertel der rund 2600 Moscheevereine in Deutschland. Ihnen gehören unter anderen türkische, arabische und deutsche Muslime an.

Kritik: Nicht alle Muslime werden vertreten

Allerdings werfen muslimische Kritiker und deutsche Politiker auch dem neuen Zusammenschluss vor, nur einen kleinen Teil der rund 3,5 Millionen Muslime hierzulande zu vertreten. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) spricht von rund zehn Prozent. Hintergrund ist der insgesamt niedrige Organisationsgrad der Muslime. Die Türkische Gemeinde in Deutschland (TGD) lehnt den Koordinationsrat außerdem ab, weil er ihrer Meinung nach eine viel zu konservative Interpretation des Islam vornimmt. Sie will ein eigenes "Kompetenzzentrum Religionen" als Gegengewicht zum Koordinationsrat schaffen.

Grundlage für eine Zusammenarbeit zwischen Landesbehörden und Organisationen einer Glaubensrichtung ist in aller Regel die offizielle Anerkennung als Religionsgemeinschaft. Aus juristischer Sicht sind Religionsgemeinschaften Zusammenschlüsse von Menschen mit identischem oder ähnlichem Glaubensbekenntnis. Islamischen Verbänden wird die Anerkennung als Religionsgemeinschaft bislang meist verwehrt. Als Gründe dafür werden mangelnde Repräsentanz und organisatorische Defizite genannt. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig urteilte im Februar 2005, dass auch Dachverbände wie Islamrat und Zentralrat grundsätzlich anerkannt werden könnten.

Körperschaftsrechte für Islam als Religion?

Einen privilegierten Status haben die Kirchen in Deutschland. Sie sind als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannt. Deshalb dürfen sie eigene Kirchensteuern erheben. Sie können mit staatlicher Unterstützung soziale Einrichtungen betreiben. Außerdem werden sie mit ihren Gotteshäusern in den kommunalen Bebauungsplänen berücksichtigt. Die Körperschaftsrechte können laut Grundgesetz auf Antrag an Religionsgemeinschaften verliehen werden, doch bislang wird von den Ländern keine islamische Organisation anerkannt. (Von Andreas Gorzewski , AFP)

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