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Roger Waters, Mitbegründer von Pink Floyd.

© REUTERS

Israel-Boykott: Die Obsession, Konzerte in Israel zu verhindern

Am Mittwoch spielt Radiohead in Tel Aviv und wird deshalb heftig angefeindet - unter anderem von Roger Waters. Es scheint ein neues Gesellschaftsspiel zu geben: "Spielt nicht beim Juden". Eine Glosse.

Eine Glosse von Lars von Törne

Was soll man von einem Musiker halten, der bei seinen Auftritten gelegentlich einen Ballon in Schweineform aufsteigen lässt, auf dem überdeutlich ein Davidstern zu sehen ist? Bei irgendeiner Nazi-Rockband aus Thüringen wäre die Sache klar, da haben solche Leute ja angeblich ihr Ökotop. Allerdings kommen die gar nicht auf derartige Ideen, da würde ihnen schon der Anwalt abraten. Der Musiker ist vielmehr Roger Waters, der einstige musikalische Leiter der Gruppe Pink Floyd. Ihm brummt und wummst es ein wenig im Kopf, das kann man verstehen, er hat zu viel Pink-Floyd-Musik gehört, und deshalb widmet er sein Leben nun der Obsession, andere Musiker von Israel fernzuhalten – irgendwie muss dieses verhasste Land doch kleinzukriegen sein.

Damals, als die Rolling Stones unter riesigem Jubel in Israel auftraten, hat das nicht funktioniert, wofür allein man die alten Knacker schon lieben muss. Aktuell betrifft es die nicht ganz so überlebensgroße Band Radiohead, die am morgigen Mittwoch in Tel Aviv spielen wird. Ihr Frontmann Thom Yorke ist deshalb scharfer Kritik ausgesetzt, auf einem anderen Konzert protestierten neulich Palästinenser, oder solche, die sich dafür halten.

"Spielt nicht beim Juden"

Es sieht also so aus, als sei aus dem Hobby eines alternden Rockstars eine Art internationales Gesellschaftsspiel geworden, es heißt „Spielt nicht beim Juden“. Vor allem in Großbritannien wird das Thema unter Künstlern heftig diskutiert, Ken Loach unterschreibt alles, Joanne K. Rowling nichts. Und Waters hat sich sogar die Unterstützung des Apartheid-Experten Desmond Tutu geholt, der schon lange mit der ganzen moralischen Autorität des Nobelpreisträgers Blödsinn erzählt, nämlich, dass es in Israel schlimmer zugehe als damals in Südafrika – er meint damit allerdings nicht den Raketenbeschuss von Wohngebieten oder Messerattacken in terroristischer Absicht.

Immerhin haben Waters und seine Leute nun freundlicherweise zur Erkenntnis beigetragen, dass „Israelkritik“ kein Tabu ist, wie es ja vor allem in Deutschland immer wieder behauptet wird. Nein: Das Internet quillt längst geradezu über von solchen Sachen, von milliardenfachem Man-wird-doch-noch-sagen-dürfen in allen Tonlagen. Ja, darf man. Aber es wäre ganz schön, wenn sich die Protagonisten ähnlich intensiv für Länder wie die Türkei, Venezuela oder Indonesien verwenden würden, in denen die Menschenrechte wirklich mit Füßen getreten werden. Oder wie wäre es mit einem Boykott des Trump-Amerikas?

Ach nein: Den Schritt kann sich ein ordentlicher Rockmusiker dann wohl doch nicht leisten.

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