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Politik: Israel droht mit Bodenoffensive Verhandlungen um Waffenstillstand bisher ohne Erfolg

Neue Luftangriffe, wieder Raketen – mehr als 70 Tote.

Während sich Ägypten intensiv um einen Waffenstillstand bemühte, ging der gegenseitige Raketenbeschuss zwischen den Hamas-Brigaden und der israelischen Armee am Sonntag weiter – wenn auch mit geringerer Intensität. In Kairo trafen Delegationen der Hamas und des Islamischen Dschihad ein, aber auch ein Unterhändler aus Tel Aviv.

Vorausgegangen war eine relativ ruhige Nacht. Von Samstag zu Sonntag flogen zehn Stunden lang keine Raketen von Gaza in Richtung Israel. Tagsüber setzte das Feuer mit rund 35 Geschossen wieder ein, zwei davon in Richtung Tel Aviv, die von Israels Raketenabwehr abgefangen wurden. Am Sonntagabend gab es in Tel Aviv abermals Luftalarm, zwei herannahende Raketen wurden aber vom israelischen Abwehrsystem abgeschossen. Im Gegenzug bombardierte Israels Armee nach eigenen Angaben inzwischen nahezu tausend, darunter den Amtssitz von Premierminister Ismail Hanija, das Hauptquartier der Polizei in Gaza-Stadt sowie zwei lokale Medienzentren. Die Zahl der palästinensischen Todesopfer stieg auf 72, darunter 20 Kinder und Jugendliche. In Israel kamen drei Zivilisten ums Leben.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sagte, dass seine Truppen in weniger als fünf Tagen eintausend „Terroristenziele“ attackiert und zerstört hätten. Er drohte offen mit einer massiven Erweiterung des Kampfgeschehens, also mit einer Bodenoffensive, falls kein langfristiger Waffenstillstand vereinbart werde. Ein Hamas-Sprecher in Gaza sprach seinerseits von deutlichen Fortschritten bei ägyptischen Vermittlungsbemühungen, so dass ein Waffenstillstand schon am Montag möglich erscheine.

Am Samstag hatten die Außenminister der Arabischen Liga in Kairo bei einer Dringlichkeitssitzung die Vermittlung von Präsident Mohamed Mursi vorbehaltlos unterstützt. Eine Delegation des Staatenbundes soll am Dienstag in die Enklave reisen. Auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat sich angesagt. Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan traf in Kairo mit Mursi zusammen und erklärte, Israel werde „früher oder später“ für seine Massaker in Gaza international zur Verantwortung gezogen werden. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz kündigte Mursi an, es gebe Anzeichen für einen Waffenstillstand, wenn auch „keine Garantien“.

Die Verhandlungen stocken offenbar, weil die Palästinenser feste Garantien von dritter Seite fordern, etwa von den USA, dass Israel die getroffene Vereinbarung auch wirklich einhält. Sie verlangen für das Abkommen ein Ende der seit 2007 herrschenden Blockade des Gazastreifens durch Israel sowie ein Ende der gezielten Tötungen durch Drohnen. Israel dagegen will per Vertrag zugesagt bekommen, dass das Raketenfeuer aus Gaza „ein für allemal“ beendet wird.

Bereits Anfang vergangener Woche, drei Tage vor Beginn der Feindseligkeiten, hatte ein von Ägypten vermittelter Waffenstillstandsvertrag unterschriftsreif vorgelegen. Während auf palästinensischer Seite Hamas und Islamischer Dschihad ihre Zustimmung signalisierten, hielt sich Israels Kabinett bedeckt, wiegte die palästinensische Seite mit einem gezielten „Manöver der Desinformation“ in Sicherheit, wie die Zeitung „Haaretz“ schrieb. Am Mittwoch dann ließ Jerusalem wie aus heiterem Himmel Hamas-Militärchef Ahmed Jaabari mit einer Rakete aus der Luft töten, was die militärische Eskalation auslöste.

Bei dem Treffen der Arabischen Liga in Kairo kritisierte der Premierminister von Qatar, Scheich Hamad bin Jassem al Thani, ungewöhnlich scharf den eigenen Staatenbund. „Unsere Treffen sind eine Verschwendung von Zeit und Geld“, sagte er. Auch heute sei man wieder zusammengekommen und werde eine Resolution verabschieden. „Aber diese Resolutionen bedeuten gar nichts.“ Die arabischen Staaten müssten die gesamte Lage in der Region einer schonungslosen und ehrlichen Analyse unterziehen. „Wir können nicht weiter Hoffnung verbreiten und dann nicht liefern.“ Scheich al Thani kritisierte vor allem, dass die versprochenen Hilfsgelder für die Palästinenser die Menschen bisher nicht erreicht hätten. „Sie brauchen Wohnungen, Schulen, Krankenhäuser – wir haben so viele Dinge versprochen und dann doch nicht gehalten.“

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