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Israel: Ein Blick ins Kleingedruckte

In der EU wächst der Unmut über Israels Politik – auch wenn sich das oft nur in symbolischen Gesten zeigt. Vor allem nehmen einige EU-Länder das Kleingedruckte der Abkommen mit Israel ernster.

Seit dem israelischen Krieg gegen den abgeriegelten Gazastreifen im Dezember stößt Israels Politik weltweit auf etwas stärkeren Gegenwind. Insbesondere in der völkerrechtlich illegalen Siedlungspolitik wird kein Auge mehr zugedrückt. Doch auch die Unwilligkeit der Regierung unter Benjamin Netanjahu, sich zu der Zwei-Staaten-Lösung im Sinne der internationalen Gemeinschaft zu bekennen, scheint immer mehr Unmut zu erregen. So hat der am Jahresende scheidende EU-Außenbeauftragte Javier Solana vor wenigen Tagen gefordert, die Vereinten Nationen sollten notfalls eine Zwei-Staaten-Lösung verkünden und einen Palästinenserstaat anerkennen – wenn beide Parteien es nicht schaffen sollten, sich innerhalb eines vorgegeben Zeitrahmens zu einigen. Israel tat den Vorschlag als „Unfug“ ab, die Palästinenser begrüßten die Einmischung.

Die EU hat die Ausweitung ihrer Nachbarschaftspolitik mit Israel bereits im Dezember nach Beginn der Offensive „Gegossenes Blei“ gegen Gaza auf Eis gelegt. Die Erklärung: Die weitere Annäherung zwischen der EU und Israel könne nicht in einem politischen Vakuum stattfinden. Im Klartext: solange die Waffen sprechen, es keine Friedensgespräche mit Palästinensern und Syrern gibt, der Siedlungsbau vorangeht. „Das Angebot liegt auf dem Tisch“, heißt es aus der EU-Kommission. Die israelische Regierung ist darüber sehr verärgert. Der scheidende Gesandte der israelischen Botschaft in Berlin, Ilan Mor, bezeichnete diese Verknüpfung der bilateralen Beziehungen und der Haltung Israels zum Friedensprozess kürzlich als „Fehler“ und einen „Testfall“ für die Beziehungen: Die Unterstützung in Israel für die EU könnte dramatisch abnehmen, warnte Mor.

Landkarte muss besetzte Gebiete kennzeichnen

Vor allem aber nehmen einige EU-Mitgliedsländer das Kleingedruckte der Abkommen mit Israel ernster. So hat Großbritannien im Juli erstmals fünf Exportlizenzen für Waffenexporte nach Israel zurückgenommen. Grund war die Befürchtung, dass die Ausrüstung für die Boote der Marine gegen Zivilisten im Gazakrieg eingesetzt wurde und auch wieder eingesetzt werden könnte. Zukünftige Genehmigungen für Waffenexporte würden die jüngsten Ereignisse berücksichtigen und Großbritannien exportiere keine Waffen, wenn das Risiko bestehe, dass sie für eine „äußere Aggression oder interne Unterdrückung“ eingesetzt würden, hieß es in einer Erklärung der britischen Botschaft in Tel Aviv. Die britische Behörde zur Überwachung von Werbung monierte kürzlich auch ein Plakat, das in zahlreichen Londoner U-Bahnhöfen zum Israelurlaub einlädt und eine Karte zeigt, auf der Israel und die besetzen Gebiete als ein einziges gelbes Gebilde zu sehen sind. Die feine Linie, mit der Grenzen der besetzten Gebiete gekennzeichnet waren, seien nur schwer erkennbar gewesen hieß es. Nach Informationen des Senders BBC räumte das israelische Tourismusministerium ein, da sei ein „Fehler“ unterlaufen, und die Karte würde nicht mehr verwendet.

Weitaus beunruhigender für Israel ist aber wahrscheinlich der Vorstoß der britischen Regierung, eine Richtlinie für die Kennzeichnung von Waren aus den Siedlungen in den völkerrechtswidrig besetzten Gebieten zu erlassen. Bisher erfährt nur der Zoll den genauen Ursprungsort, weil die Blumen oder Wasserspender aus der Siedlungsindustrie nicht unter die EU-Zollbefreiung fallen. Der Käufer liest in der Regel nur „Made in Israel“.

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