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Israel: Immer neue Skandale

Israels Premier Olmert zieht Konsequenzen und hat seinen Rücktritt für den Herbst angekündigt. Überraschend ist das nicht.

Der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert hat praktisch seinen Rücktritt für den Herbst angekündigt. In einer Erklärung an die Nation teilte der unter Korruptionsverdacht stehende Regierungschef am Mittwochabend mit, er werde nicht für die Wahl des Vorsitzenden der Kadima-Partei kandidieren und im Herbst als Regierungschef zurücktreten – voraussichtlich Ende September oder Anfang Oktober.

Olmert wirft das Handtuch – und niemand ist überrascht. Sein Rücktritt oder zumindest eine Rücktrittsankündigung waren schon lange gefordert worden. Doch Olmert erwies sich als wahrer Überlebenskünstler, der bisher sowohl den Misserfolg des Libanonkrieges vor zwei Jahren als auch noch jeden Skandal überstand. Gegen ihn laufen gleich mehrere Untersuchungen wegen Korruption. Allerdings wurden auch einige Verfahren eingestellt. Außerdem erweist sich bei den laufenden Untersuchungen vielfach die Beweislage dünner als erwartet.

Olmerts Stellung war aber nicht mehr zu halten, nachdem in den letzten Wochen zwei neue Skandale aufgedeckt wurden: Er wird verdächtigt, illegale Wahlkampfspenden in Höhe von 150 000 Dollar größtenteils für persönliche Zwecke ausgegeben zu haben. Außerdem wird ihm vorgeworfen, dass mehrere öffentlichen Institutionen für seine vielen Auslandsreisen aufgekommen seien, was ihm und seiner Familie wiederum Gratisferien im Ausland ermöglicht haben soll. Der ohnehin gewaltige öffentliche Druck, endlich zurückzutreten, verstärkte sich deshalb noch mehr.

Die Kadima-Partei wird Mitte September ihren neuen Vorsitzenden wählen, mit einem möglichen zweiten Wahlgang am 24. September. Der oder die Gewählte wird dann versuchen, eine neue Koalitionsregierung zu bilden – ein Unterfangen, dass sich heute fast als unmöglich ausnimmt. Olmert will unmittelbar nach der Wahl seines Nachfolgers als Regierungschef zurücktreten. Falls es diesem nicht gelingen sollte, innerhalb eines Monats eine Regierung zu bilden, so kommt es wohl zu vorzeitigen Neuwahlen, die allerdings erst Anfang 2009 stattfinden würden.

Die USA halten derweil trotz des bevorstehenden Rückzugs Olmerts am Friedensfahrplan für den Nahen Osten fest. Bis zum Ende des Jahres solle weiter an einem Abkommen gearbeitet werden, sagte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates, Gordon Johndroe, am Mittwoch in Washington.

Der seit langem hinter den Kulissen ausgetragene Kampf um Olmerts Nachfolge ist unterdessen seit Dienstag innerhalb der Kadima-Partei offen ausgebrochen. Außenministerin Zippi Livni eröffnete nach monatelangem Schweigen offiziell ihren Wahlkampf mit einer ganzen Reihe von Radio- und Fernsehinterviews vom frühen Morgen bis in die Nacht.

Livni, die von der Öffentlichkeit als Sauberfrau wahrgenommen wird und entsprechend populär ist, musste allerdings in der letzten Zeit zusehen, wie ihr Vorsprung in den Meinungsumfragen gegenüber ihrem einzigen ernsthaften Konkurrenten, Verkehrsminister Schaul Mofas, schmolz. Der ehemalige Generalstabschef Mofas attackiert – mit tatkräftiger und lautstarker Unterstützung Olmerts – Livni als entscheidungsscheu und als vollkommen unerfahren auf dem Sicherheitssektor. Livni hat sich nun, um diese Attacken abzuwehren, den besten Strategie- und Wahlkampfberaterstab zugelegt, der zuletzt Ariel Scharon zu seinen Wahlsiegen geführt hatte.

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