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Mosche Katsav (m.) bei seiner Ankunft im Gericht.

© Reuters

Israel: Katsav wegen Vergewaltigung schuldig gesprochen

Erstmals musste sich ein ehemaliger israelischer Präsident vor Gericht verantworten. Es ging um Vergewaltigung - und das Gericht befand Mosche Katsav in allen Punkten für schuldig. Frauenorganisationen fordern nun eine harte Strafe.

Der ehemalige israelische Staatspräsident Mosche Katzav ist einer ganzen Serie schwerer Sexualverbrechen schuldig gesprochen worden. Obwohl das Strafmaß noch aussteht, ist eine mehrjährige Gefängnisstrafe unausweichlich. „Ein großer Tag für die Gerechtigkeit in Israel“, befand eines der Opfer nach dem Schuldspruch für Katzav. Er wurde der Vergewaltigung in zwei Fällen, sexueller Nötigung und sexueller Belästigung, begangen gegen drei Untergebene, sowie der Behinderung der Justiz für schuldig befunden und nur von der minderen Anklage der Zeugenbelästigung freigesprochen. Die Höchststrafe für eine Vergewaltigung beträgt 16 Jahre, die Mindeststrafe vier Jahre Gefängnis.

Vor dem Tel Aviver Gerichtsgebäude demonstrierten Frauenverbände ihre Solidarität mit den von Katzavs Verteidigern brutal angegriffenen Opfern. Drinnen befand das Distriktgericht in seiner juristisch extrem schwierigen und sensiblen Entscheidung, dass Katzav Aussagen „mit Lügen gespickt“ gewesen seien und dass sein Alibi widerlegt worden sei. Die von seiner Verteidigung angezweifelten Aussagen der Opfer dagegen seien durchweg glaubwürdig und durch Indizien gestützt gewesen.

Katzav hatte vor viereinhalb Jahren die Affäre selbst ausgelöst, als er sich gegenüber dem Justizberater der Regierung über Erpressungsversuche einer seiner Untergebenen im Präsidentenamt beklagte. Rasch wendete sich jedoch das Blatt in den Voruntersuchungen, eine offizielle Untersuchung gegen ihn wegen des Verdachts auf Sexualverbrechen lief an. In deren Verlauf klagten weitere Frauen aus dem Präsidentenamt. Zudem beschuldigte ihn eine direkte Untergebene aus der Zeit, als Katzav Tourismusminister war, der Vergewaltigung in zwei Fällen. „Wenn eine Frau Nein sagt, dann bedeutet es, dass sie nicht einwilligt – und jedes weitere Wort ist überflüssig“, heißt es nun zu diesem Fall in der Urteilsbegründung.

Ursprünglich war der Vorwurf der doppelten Vergewaltigung allerdings gar nicht Teil der Anklage. Die Frau hatte sich nach Ansicht der Staatsanwaltschaft nämlich in Widersprüche verwickelt. In der Anklagebehörde herrschte offene Uneinigkeit über die Chancen für eine Verurteilung wegen Vergewaltigung. Deshalb kam es zwischen der Anklage und der Verteidigung zu einer Übereinkunft, einem juristischen Deal, der nur die geringeren Verbrechen umfasste. Als das Gericht diesem Deal Urteilskraft verleihen sollte, lehnte Katzav ihn zum Entsetzen seiner überraschten Anwälte ab. Er beteuerte seine Unschuld – bis heute. Nun befand das Gericht, er habe mit der Rücknahme seines Schuldeingeständnisses damals einen schweren Fehler begangen.

Auf hunderten Seiten begründeten die drei Richter – zwei Frauen und ein Mann als Vorsitzender – ihre einstimmigen Schuldsprüche. Sie taten dies in einer derart detaillierten Deutlichkeit und mittels solch scharfer Formulierungen, dass die Chancen Katzavs in einem zu erwartenden Berufungsverfahren von allen Strafrechtlern als gering eingeschätzt werden.

Der heute 65-jährige Ex-Präsident war im Jahre 2000 als Kandidat der derzeit regierenden Likud-Partei überraschend dank der Stimmen der ultrareligiösen Shas-Abgeordneten zum Staatsoberhaupt gewählt worden. Favorisierter Gegenkandidat war Schimon Peres, damals Kandidat der Arbeitspartei und heute Nachfolger Katzavs im höchsten Amt. Wegen der Untersuchungen ließ Katzav sein Amt einige Monate ruhen, um schließlich kurz vor Ende seiner siebenjährigen Amtszeit am 1. Juli 2007 zurückzutreten.

Der im Iran geborene Katzav wurde als 24-Jähriger jüngster Bürgermeister in der Geschichte Israels. 1977 kam er als Abgeordneter in die Knesset, später wurde er Arbeits- und Wohlfahrtsminister und – unter Benjamin Netanjahu in dessen erster Amtszeit als Regierungschef – Vize-Ministerpräsident und Tourismusminister. Als erster Politiker der Rechten gelangte er ins Amt des Staatspräsidenten.

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