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Westerwelle

© dpa

Israel: Mahnen und ermahnen

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) hat anlässlich seines Nahost-Besuchs die „besondere Verantwortung“ Deutschlands gegenüber Israel betont und zugleich Israels Siedlungspolitik kritisiert.

Bei seinem Antrittsbesuch in Israel ist Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) am Montag mit Regierungschef Benjamin Netanjahu zusammengetroffen. Das Treffen fand laut Delegationskreisen in „sehr freundschaftlicher Atmosphäre“ statt. Westerwelle, der auch die Holocaust-Gedenkstätte Jad Vaschem besuchte, forderte einen Stopp des Siedlungsbaus und kritisierte das atomare Drohpotential des Iran.

Vor seinem Abflug nach Israel hatte der Minister ein Einfrieren des israelischen Siedlungsbaus in den palästinensischen Gebieten verlangt. Diese Forderung sei im Nahost-Friedensfahrplan, der sogenannten Road Map, klar vereinbart und nicht nur die Haltung Deutschlands. Der FDP-Politiker sprach sich für eine Zwei-Staaten-Lösung aus. Israel habe das Recht auf sichere Grenzen, die Palästinenser hätten das Recht auf einen eigenen Staat.

Regierungssprecher Ulrich Wilhelm hatte zuvor die jüngste Entscheidung der israelischen Regierung, im von Israel annektierten arabischen Ostteil Jerusalems neue Wohnungen bauen zu lassen, als außerordentlich bedauerlich bezeichnet. Der Siedlungsbau gerade in Ost-Jerusalem sei ein „großer Stolperstein auf dem Weg zu nachhaltigen Fortschritten im Nahost-Friedensprozess“.

In Bezug auf das iranische Atomprogramm, von dem Israel sich existentiell bedroht sieht, sagte Westerwelle, hier sei völlig klar, dass die „Option einer nuklearen Bewaffnung des Iran in keiner Weise akzeptabel“ sei für die internationale Staatengemeinschaft. Der Außenminister betonte die „besondere Verantwortung“ Deutschlands gegenüber dem jüdischen Staat. Nach seinem Treffen mit Netanjahu besuchte er die Gedenkstätte Jad Vaschem, die an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert. In der Halle der Erinnerung, auf deren Boden die Namen der 22 wichtigsten Konzentrationslager eingemeißelt sind, entfachte er die ewige Flamme.

Zu Westerwelles Delegation gehörte auch die Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch. Generalsekretär Stephan Kramer hatte vor dem Israel-Besuch klare Akzente der Versöhnung verlangt. Westerwelle und die FDP hätten bei den Beziehungen zu Israel noch „erheblichen Nachholbedarf, sagte Kramer der „Passauer Neuen Presse“. Der Besuch in Israel könne daher nur ein erster Schritt sein, Vertrauen zu gewinnen. Westerwelle zeigte sich überzeugt, dass die Diskussion über die israelkritischen Äußerungen seines 2003 tödlich verunglückten Parteifreunds Jürgen Möllemann während des Besuchs keine Rolle spielen werde. Das sei mehr eine „innenpolitische Debatte“ in Deutschland. In Israel gebe es „andere Probleme“.

Für diesen Dienstag stehen Treffen mit mehreren israelischen Politikern sowie mit dem palästinensischen Ministerpräsidenten Salam Fajad im Westjordanland auf dem Programm. Wenige Tage nach Westerwelles Nahost-Reise werden in Berlin die zweiten deutsch-israelischen Regierungskonsultationen stattfinden.

Unterdessen scheint der Gefangenenaustausch zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas unmittelbar bevorzustehen. Zumindest melden dies zahlreiche arabische Medien, die wiederum von israelischen Zeitungen, Rundfunk und Fernsehen zitiert werden, ohne offiziell dementiert zu werden.

Viel deutet darauf hin, dass der von einem Spitzenbeamten des deutschen Nachrichtendienstes BND ausgehandelte Gefangenenaustausch aus Anlass des am Freitag beginnenden moslemischen Opferfestes Aid al Fitr erfolgen wird. Ob schon am Freitag oder erst nach Ende des dreitägigen Festes am Montag, darüber sind sich die diversen Quellen nicht einig.

Delegationen der Hamas aus dem Gazastreifen und aus der syrischen Hauptstadt Damaskus, wo das richtungsweisende Politbüro seinen Sitz hat, sollen Montagnacht und Dienstag in Kairo über die Übereinkunft entscheiden.Offensichtlich hat Israel dem vermittelnden BND-Mann neue, sehr weit gehende Vorschläge unterbreitet.

An der Spitze der Liste derjenigen, die freikommen, steht höchstwahrscheinlich ein Prominenter, aber nicht von der Hamas, sondern von der mit ihr verfeindeten Fatah-Bewegung von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas: Der zu fünf Mal lebenslanger Haft verurteilte Intifada-Anführer Marwan Barghouthi, ehemaliger Fatah-Generalsekretär im Westjordanland. Der sehr populäre Barghouthi wird als Nachfolger von Abbas gehandelt, der sich nicht zur Wiederwahl stellen will.   mit AFP

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