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Olmert

© AFP

Israel: Olmert unter Druck

Schon Wochen vor seiner Veröffentlichung schlägt der Winograd-Bericht über Fehler der israelischen Regierung hohe Wellen. Die Tage von Ministerpräsident Ehud Olmert könnten gezählt sein.

Ein Radiokommentator verglich jüngst den Bericht mit einem riesigen Eisberg, auf den Kapitän Olmert zusteuere. Ein Koalitionspartner, die rechtsgerichtete Partei Israel Beitenu (Israel unser Haus) hat das Boot bereits verlassen. Nach der Veröffentlichung am 30. Januar könnten ihm weitere folgen. In diesem Fall würden Neuwahlen noch in diesem Jahr wahrscheinlich.

Dem israelischen Ministerpräsident Ehud Olmert (Kadima) werden persönliche Versäumnisse zur Last gelegt. 50 Militärkommandeure der israelischen Reserve haben in einem scharf formulierten Brief an Olmert dessen Rücktritt gefordert. Sie werfen ihm vor, mit einer Bodenoffensive im Libanon 60 Stunden vor dem Waffenstillstands leichtfertig das Leben israelischer Soldaten aufs Spiel gesetzt zu haben. Bei dem Einsatz kamen 33 Soldaten ums Leben, mehr als ein Viertel aller Verluste der israelischen Armee während des einmonatigen Krieges.

Leichtfertig mit dem Leben der Soldaten gespielt?

Olmert habe die Entscheidung für die Bodenoffensive getroffen, um Verbesserungen des Waffenstillstandsabkommens zu erzwingen und den Krieg erfolgreicher zu beenden, schrieb die Zeitung "Haaretz" in einem Hintergrundbericht. Letztlich habe der verlustreiche Einsatz jedoch kein politisches Kapital erzielt. Auch die Eltern der in den letzten Tagen getöteten Soldaten forderten Olmerts Rücktritt.

Rückblickend habe er das Gefühl, dass nicht genug getan wurde, um die in letzter Minute angeordnete Bodenoffensive zu stoppen, sagte ein an den Kämpfen beteiligter Reserveoffizier dem Blatt. "Es war fast ein Grund für eine Rebellion. Wenn ich an die Opfer der letzten Kriegstage denke, stehen mir die Haare zu Berge.“

Voreilige Entscheidungen attestiert

Die nach ihrem Leiter, dem ehemaligen Richter Eliahu Winograd, benannte Kommission war nach dem Krieg angesichts der massiven öffentlichen Kritik eingerichtet worden und hatte ihre Sitzungen gut einen Monat nach dem am 14. August 2006 begonnenen Waffenstillstand aufgenommen. In einem am 30. April vergangenen Jahres veröffentlichten Zwischenbericht hatte sie Olmert und seinen damaligen Verteidigungsminister Amir Perez für "schwere Fehler“ verantwortlich gemacht. Der politischen Führung attestierte die Kommission voreilige Entscheidungen und eine "Schwäche im strategischen Denken“.

Perez und der damalige Generalstabschef Dan Haluz haben ihre Ämter bereits seit langem niedergelegt. Allen Unkenrufen zum Trotz hat sich Olmert jedoch bislang im Sattel halten können. Außenministerin Zipi Liwni hatte nach dem Zwischenbericht seinen Rücktritt gefordert, sich dann jedoch wieder auf seine Seite geschlagen.

Während der Zwischenbericht sich auf die ersten Tage des Kriegs konzentriert, der am 12. Juli 2006 nach einem Angriff der libanesischen Hisbollah-Miliz auf Israels Nordgrenze begann, geht es in dem Abschlussbericht vor allem um das Ende des Kriegs. Besonders in der Frage der scharf kritisierten Bodenoffensive ist neuer massiver Druck auf Olmert zu erwarten. In dem Brief der Kommandeure, die Olmerts Rücktritt fordern, hieß es, der Regierungschef weigere sich, die Konsequenzen aus den Fehlern des Kriegs zu ziehen. "Ihr Verhalten verletzt die ethische und praktische Grundlage der nationalen Sicherheit, denn wer keine persönliche Verantwortung übernimmt, der kann auch keine Soldaten in den Krieg schicken.“

Sara Lemel

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