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Israel: Peinliche Enthüllung zu ungünstiger Zeit

Die Affäre hätte zu keinem schlechteren Zeitpunkt auffliegen können: Israels Präsident Mosche Katzav wird verdächtigt, zwei Angestellte sexuell belästigt zu haben. Und auch Ehud Olmert steht inzwischen unter Korruptionsverdacht.

Jerusalem - Während die israelische Bevölkerung wegen der Kriegsführung im Libanon das Vertrauen in ihre politische und militärische Führung verliert, durchsuchen Polizisten die Residenz von Präsident Mosche Katzav, beschlagnahmen Computer und Dokumente. Und während das Land einen Staatsmann bräuchte, hinter dem es sich sammeln könnte, muss sich ihr Staatschef zu Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs befragen lassen. Schon werden Forderungen nach dem Rücktritt des 61-jährigen Likud-Politikers laut: Katzav sei seiner Aufgabe derzeit nicht gewachsen und müsse die Konsequenzen ziehen - ungeachtet vom Ausgang der Affäre.

Die Symbolik des Skandals liegt bereits im Datum: Am 12. Juli gibt Generalstaatsanwalt Menahem Masus grünes Licht für die Aufnahme von Ermittlungen gegen den Präsidenten - am selben Tag beginnt Israel seine Militäroffensive gegen die radikale Hisbollah-Miliz im Libanon. Aktiv wird die Polizei aber erst neun Tage nach Inkrafttreten der Waffenruhe. Am Mittwoch erhielt Katzav in seiner Residenz in Jerusalem von vier Ermittlern Besuch, die ihn stundenlang zu der Affäre befragten.

Angestellte soll Katsav erpresst haben

Nur langsam werden die Hintergründe des Vorwurfs bekannt. Katzav steht im Verdacht, zwei Angestellte sexuell belästigt zu haben. Dabei soll er den Frauen mit Entlassung gedroht haben, sollten sie sich widersetzen. Die Zeitung "Jediot Ahronot" berichtete, Katzav habe mit beiden Frauen eine Affäre gehabt, ohne dass diese voneinander wussten. Als sie davon erfuhren, hätten sie sich gestritten. Eine von ihnen habe daraufhin sogar versucht, den Präsidenten zu erpressen, indem sie Geld und einen Arbeitsplatz gefordert und andernfalls damit gedroht habe, ihn wegen "sexueller Belästigung" zu verklagen. Wie das Blatt weiter berichtet, schaltet Katzav selbst Generalstaatsanwalt Masus ein. Die Ermittlungen kommen ins Rollen. Die Frau erstattet Anzeige - und übersteht beim Polizeiverhör den Test mit dem Lügendetektor.

Aber gegen Katzav steht auch noch ein weiterer Vorwurf im Raum: Er soll Gnadengesuche von Häftlingen nach persönlichen Kriterien behandelt haben. In einem Fall soll sein Büro sogar direkt einen der wichtigsten Chefs der Unterwelt vor seiner bevorstehenden Verhaftung gewarnt haben.

Katsav: Bisher Meister der Diskretion

Die Vorwürfe kratzen an Katzavs Bild des vorbildlichen Landesvaters. Bisher galt er als Meister der Diskretion, der es mit 24 Jahren zum jüngsten Bürgermeister Israels brachte, lange Jahre Abgeordneter war, mehrmals Ministerposten bekleidete und auch einmal das Amt des stellvertretenden Ministerpräsidenten. Als Führungspersönlichkeit konnte er sich zunächst allerdings nicht profilieren. Bis er - überraschend - vor sechs Jahren seinen Gegner Schimon Peres schlug und Präsident wurde.

Katzav wurde 1945 im Iran geboren; nach Israel kam er erst kurz nach der Staatsgründung 1948. Der Vater von fünf Kindern gibt sich als traditionsbewusster Vertreter des jüdischen Glaubens. Er gilt als moderater Konservativer.

Eine Affäre jagt die nächste

Der "Pfeiler" der Gesellschaft gerät ausgerechnet zu einem Zeitpunkt ins Wanken, an dem sich innerhalb der Bevölkerung das Bild einer korrumpierten politischen Klasse verfestigt. Am Sonntag musste Justizminister Haim Ramon zurücktreten, weil er eine Soldatin gegen ihren Willen geküsst haben soll. Der einflussreiche Abgeordnete Zahi Hanegbi muss sich wegen Korruption, Machtmissbrauchs und Meineids während seiner Zeit als Umweltminister (1999-2003) verantworten.

Laut Medienberichten soll ein Bauunternehmer Ministerpräsident Ehud Olmert beim Kauf einer Wohnung eine halbe Million Dollar Nachlass gewährt haben. Und Generalstabschef Dan Halutz soll kurz vor Beginn der Libanon-Offensive Aktien verkauft haben und damit einem Kurssturz zuvorgekommen sein. (tso/AFP)

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