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Avigdor Lieberman

© dpa

Israels Außenminister zu Besuch: Kein öffentliches Wort von Lieberman

So diskret ist wohl kaum je ein israelischer Politiker in Deutschland empfangen worden. Keine öffentlichen Auftritte, keine Pressekonferenzen, politisches Minimalprogramm.

Berlin - So diskret ist wohl kaum je ein israelischer Politiker in Deutschland empfangen worden. Keine öffentlichen Auftritte, keine Pressekonferenzen, politisches Minimalprogramm. Der Besuch des neuen israelischen Außenministers Avigdor Lieberman, der am Donnerstag zum Abschluss seiner ersten Europareise nach Berlin kam, stellte eine Herausforderung dar. Einerseits sind die Beziehungen zu Israel besonders eng, andererseits hatte der ultranationalistische Politiker mit seinen antiarabischen Äußerungen und seiner Ablehnung einer Zwei-Staaten-Lösung, Grundlage aller internationalen Friedensbemühungen, für Unmut und Empörung gesorgt.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) empfing den Amtskollegen erst zum Abendessen – für einen gemeinsamen Presseauftritt war es danach nach offiziellen Angaben „zu spät“. Doch auch von israelischer Seite scheint man nicht an mehr Öffentlichkeit interessiert gewesen zu sein. Es heißt, man habe Premierminister Benjamin Netanjahu nicht die Schau stehlen wollen, der am 18. Mai seine Politik in Washington vorstellen wird. Möglicherweise wollte man auch verhindern, dass Lieberman mit radikalen Äußerungen eine neue öffentliche Kontroverse auslöst.

Neben einem Treffen mit dem Zentralrat der Juden in Deutschland und der Besichtigung des Holocaust-Mahnmals stand politisch nur noch ein Gespräch mit den führenden Mitgliedern des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages auf dem Programm.

Der Vorsitzende des Ausschusses, Ruprecht Polenz (CDU), bezeichnete das Gespräch, das deutlich länger als geplant dauerte, als „sehr sachlich“. Lieberman habe in einem Vortrag dargelegt, dass er nicht der Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern, sondern die Auseinandersetzung zwischen gemäßigten und radikalen Muslimen als zentral für die Region ansehe. Auch soll Lieberman seinen bereits mehrfach geäußerten Satz, dass die „Friedensindustrie“ nichts als Konferenzen in Fünf-Sterne-Hotels und Geldverschwendung gebracht habe, wiederholt haben. Die größte Bedrohung gehe laut Lieberman jedoch vom Iran aus, sagte Polenz dem Tagesspiegel. Der FDP-Politiker Werner Hoyer fand das Gespräch „ernüchternd“, weil „wenig Perspektive“ erkennbar gewesen sei. Die außenpolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen, Kerstin Müller, formulierte ihre Erwartung, dass sowohl die israelische Regierung als auch die Palästinenserführung in Form einer möglichen Einheitsregierung die Zwei-Staaten-Lösung anerkenne. Dazu habe die israelische Regierung sich in der Vergangenheit verpflichtet. Hier dürfe es keine falsche Rücksichtnahme geben, sagte Müller dem Tagesspiegel. Solange die israelische Regierung „keine eindeutige Haltung zur Zwei-Staaten-Lösung hat“ und sich nicht „von großen Siedlungsprojekten verabschiedet“, wäre eine Fortsetzung der beschlossenen Vertiefung der Beziehungen zwischen der EU und Israel „verfehlt“. Die Bundesregierung dürfe die EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner, die Ende April ein Einfrieren des Prozesses verkündet hatte, „nicht im Regen stehen lassen“, forderte Müller.

Auf seiner Europareise war Lieberman nur in Italien mit offenen Armen empfangen worden. Dort gab es Pressekonferenzen, Außenminister Franco Frattini sprach sich für eine Vertiefung der EU-Beziehungen zu Israel aus und der radikale Politiker wurde selbst von Ministerpräsident Silvio Berlusconi empfangen. In Paris erwarteten ihn Proteste und die klare Aufforderung durch Außenminister Bernard Kouchner, die Zwei-Staaten-Lösung zu akzeptieren.

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