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Update

Italien: Berlusconi gewinnt Vertrauensabstimmung

Bei einer Niederlage hätte der italienische Regierungschef abtreten müssen - aber so weit ist es nicht gekommen.

Es hilft ihm nichts. Silvio Berlusconi, der sich als „Jesus Christus der Politik“ bezeichnet, muss sein „Opfer“ fortsetzen und weiterregieren. Das italienische Parlament hat ihm am Freitagmittag wieder einmal das Vertrauen ausgesprochen. Im Abgeordnetenhaus mit seinen 630 Sitzen bekam Berlusconi 316 Stimmen – das waren sogar ein paar mehr, als nach der Zitterpartie der Tage zuvor zu erwarten war. Die Opposition blieb bei 301 Stimmen hängen.

Das Resultat war das gleiche wie bei der letzten, der 50. Vertrauensabstimmung vor zwei Monaten, bei der es um die von Europa erzwungene Haushaltssanierung ging. Aber im Vergleich zu jener ersten großen Regierungskrise und dem Misstrauensvotum vor exakt zehn Monaten, bekam Berlusconi diesmal sogar zwölf Stimmen mehr. Auf die drei fehlenden Parteifreunde – einer im Gefängnis, zwei krank – konnte er da sogar lächelnd verzichten. Die Proteste vor dem Parlament nahm Berlusconi nur am Rande zur Kenntnis.

Dabei hatte er zuletzt gar nicht fröhlich ausgesehen. Seine Partei, die früher nur auf sein Kommando hörte, löst sich derzeit in einzelne Zirkel auf, die Unbehagen äußern wegen dem Gebaren des Chefs und der Unbeweglichkeit der Regierung bei Reformen angesichts der schweren Finanz- und Wirtschaftskrise. Die Industrie rief ihn zu „Taten oder Rücktritt!“ auf – darauf verweisend, dass das versprochene Regierungsdekret zur Ankurbelung der Konjunktur immer noch hinausgeschoben wird. Als Berlusconi am Donnerstag schließlich die Vertrauensabstimmung mit einer lustlosen Rede eröffnete, distanzierte sich sogar der Koalitionspartner. Umberto Bossi, Chef der Lega Nord, gähnte ununterbrochen.

Die Opposition war am Donnerstag demonstrativ aus dem Parlament ausgezogen; am Freitag beschloss sie plötzlich, die ganze Vertrauensabstimmung zu boykottieren. Das allerdings ging schief, weil fünf Abgeordnete sich nicht an die Stallorder hielten – und damit wieder einmal die Uneinigkeit der Opposition selbst in entscheidenden Momenten zeigten.

Staatspräsident Giorgio Napolitano reagierte zunächst nicht. Der 86-Jährige hatte den Ministerpräsidenten zuletzt dringend aufgefordert, „glaubwürdige Beweise“ für die Handlungsfähigkeit der Regierung vorzulegen. Ob sich Napolitano mit dem Ausgang des Vertrauensvotums zufrieden gibt, blieb also zunächst offen. An ihm aber hängt im Zweifelsfall der Fortbestand der Regierung.

Trotz des Sieges überlegt die Koalition, die 2013 fälligen Neuwahlen auf das Frühjahr nächsten Jahres vorzuziehen. Auf diese Weise könnte Berlusconi der drohenden Volksabstimmung über jenes Wahlrecht ausweichen, das er 2005 nach eigenem Bedarf gestaltet hat. Eine Änderung könnte der Opposition nützen – vor allem aber verlöre Berlusconi die Möglichkeit, alle Parlamentskandidaten eigenhändig zu bestimmen und sie damit in unmittelbarer Abhängigkeit zu halten. „Wenn das Vertrauensvotum scheitert, gibt es Neuwahlen“, sagte Berlusconi vor der Abstimmung. Eine Drohung für mögliche Dissidenten in den eigenen Reihen.

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