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Verurteilt: Italiens Ex-Regierungschef Silvio Berlusconi

© AFP

Italien: Berlusconi ist verurteilt - und jetzt?

Silvio Berlusconi ist rechtskräftig und endgültig zu vier Jahren Haft verurteilt, die Entscheidung des Mailänder Kassationsgerichts wird ihm persönlich zugestellt. Was passiert jetzt?

Das für ihn zuständige Mailänder Gericht wird ihm die Entscheidung der Höchstrichter (Kassationsgericht) vom Donnerstag Abend zustellen. Das Urteil ist rechtlich sofort vollstreckbar, wird praktisch aber erst später exekutiert. Drei Jahre Haft bekommt Berlusconi ohnedies geschenkt – wie alle italienischen Verurteilten, weil die Strafanstalten aus allen Nähten platzen -, und für das vierte Jahr kann er wählen zwischen Hausarrest und
betreuter Bewährung (theoretisch auch in sozialen Einrichtungen oder in therapeutischen Wohngemeinschaften für Drogenabhängige).

Hinter Gitter geht Berlusconi auf keinen Fall, rechtlich darf er es gar nicht – auch wenn er einmal pathetisch angekündigt hat, er werde das tun -, weil das italienische Strafrecht für Delinquenten ab 70 Jahren einen Gefängnisaufenthalt nicht mehr vorsieht. Weil Ferien sind, hat Berlusconi mit seiner Entscheidung zwischen Hausarrest und sozialer Bewährung bis Mitte Oktober Zeit. Den Hausarrest darf/muss er in einer seiner zahlreichen Villen abbüßen. Theoretisch darf er nur zu seinen Familienangehörigen Kontakt halten und (er, Berlusconi!) keine Interviews geben. Ausgang bekommt er nur nach richterlicher Genehmigung.

Seinen Reisepass muss Berlusconi abgeben, wegen Fluchtgefahr ins Ausland, wie alle Verurteilten seines Schlags. Was den Diplomatenpass betrifft, wird das Außenministerium diesen zurückfordern.

Im Parlament darf niemand sitzen, der rechtskräftig zu mehr als zwei Jahren Haft verurteilt ist

Politisch verliert Berlusconi sein Abgeordnetenmandat im italienischen Senat. Zwar haben die Höchstrichter die Zahl der Jahre (maximal drei) offengelassen, für die er von allen öffentlichen Ämtern ausgeschlossen wird – darüber muss ein Gericht unterer Instanz neu verhandeln – aber ein neues Antikorruptionsgesetz sieht vor, das niemand im Parlament sitzen darf, der rechtskräftig zu mehr als zwei Jahren Haft verurteilt ist. Dieses Gesetz hatte vor dem Urteil der Cassazione niemand so recht im Blick. Ironischerweise ist es eine von Berlusconis früherer Regierung entworfene Norm, die unter Montis Technokraten-Regierung vom Parlament beschlossen worden ist.

Theoretisch verliert Berlusconi sein Senatsmandat sofort, praktisch muss aber erst der zuständige Parlamentsausschuss darüber entscheiden. Das kann dauern: im Fall von Berlusconis Anwalt Cesare Previti, der in seines Chefs Auftrag etliche Millionen an Bestechungssummen verteilt hatte, dauerte die Entscheidung (2007) neun Monate.

Fatal für Berlusconi ist, dass er nach seinem eigenen Antikorruptionsgesetz auch nicht mehr für einen Parlamentssitz kandidieren kann – ganz unabhängig davon, wie lange das andere Gericht ihn formell von öffentlichen Ämtern ausschließen wird. Für sechs Jahre, sagen italienische Rechtsexperten, bleibe Berlusconi auf jeden Fall gesperrt. Die nächsten regulären Parlamentswahlen finden 2018 statt, aber kein Mensch erwartet, dass die augenblicklich regierende Große Koalition so lange hält.

Einen Funken Hoffnung hat Berlusconi noch: Der Staatspräsident könnte ihn eines Tages begnadigen. Dazu müsste er einen formellen Antrag stellen. Und für den nächsten Prozess womöglich gleich mit: Der Fall Ruby wird nächstes oder übernächstes Jahr auch vor der Cassazione landen. In der ersten Instanz hat Berlusconi im Juni eine Verurteilung zu sieben Jahren, eingefahren. Ein lebenslanges Ämterverbot auch noch. Wenn auch dieses Urteil bestätigt wird, dann wird's eng, selbst für den wohlmeinendsten Staatspräsidenten.

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