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Silvio Berlusconi fühlt sich zum Retter Italiens berufen – nur wovor?

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Italien: Berlusconi kennt kein Halten mehr

Um erfolgreich kandidieren zu können, muss Silvio Berlusconi nicht nur weiter Sprüche klopfen, sondern auch seine Partei organisieren. Dafür braucht der frühere Ministerpräsident noch Zeit. Das wiederum könnte Mario Monti nützen, falls der amtierende Premier sich der Wahl im kommenden Jahr stellen will.

Vor zwei Wochen hat er die Regierung Monti kalt entmachtet, weil es ihm gar nicht schnell genug gehen konnte mit Neuwahlen. Jetzt dringt Silvio Berlusconi darauf, die Parlamentswahl weiter hinauszuschieben. Und hatte er noch vor sieben Tagen dem „Techniker“ Mario Monti angeboten, statt seiner Spitzenkandidat des „gemäßigten Lagers“ zu werden, so hält Berlusconi diese Offerte nunmehr für „abgelaufen“. „Ich selber kehre zurück, weil das Land mich braucht“, sagt Berlusconi nun.

Italien kann sich vor den Auftritten des 76-Jährigen nicht mehr retten. Am Dienstagabend war er zur besten Sendezeit für zwei Stunden in einer Fernsehtalkshow, als Alleinunterhalter auch noch, denn Livediskussionen mit Gegnern verbittet er sich. Seit dem Wochenende tritt Berlusconi jeden Tag etwa eine Stunde in seinen eigenen TV-Sendern auf; er wettert gegen die Sparpolitik und die hohen Steuern, gegen die „Kommunisten“, gegen den Euro, gegen das „egoistische Deutschland“.

Berlusconi will die Zeit nutzen, in denen das Parlament noch nicht aufgelöst und die Neuwahl noch nicht formell ausgeschrieben ist. Denn von diesem Zeitpunkt an gilt im Fernsehen das Gesetz von den „gleichen Voraussetzungen“. Dann darf keine Partei länger als die Konkurrenz im Programm auftauchen. Für einen Berlusconi, dem nach seinem Empfinden jetzt schon „die Zeit fehlt, unsere Sicht der Dinge den Wählern zu erklären“, wird dieses Korsett zu eng.

Um mehr Zeit zu bekommen – „mit meinen Fernsehauftritten gewinne ich pro Woche drei Punkte bei den Umfragen“ –, hat Berlusconi seine Parlamentsfraktion angewiesen, die Etatdebatte hinauszuzögern. Ohne Etat will der Staatspräsident das Parlament nicht auflösen; ohne Auflösung kann er keine Neuwahlen ankündigen. Das Parlament wiederum, das sich von seiner größten Fraktion blockiert sieht, ist handlungsunfähig, und ohne Parlament ist auch Montis Regierung lahmgelegt.

Der Zeitgewinn indes nützt auch den kleinen, teils ganz neuen Kräften im Zentrum, die eine Wahlplattform für Mario Monti aufbauen wollen. Der Noch-Regierungschef hat sich am Mittwoch mit ihnen getroffen: mit Ferrari-Chef Luca Cordero di Montezemolo und mit dem Führer der Christdemokraten, Pier Ferdinando Casini. Monti hat aber immer noch nicht gesagt, ob er im Verbund mit diesen Gruppen antreten will. Bei den Christdemokraten würde er auf eine Kandidatenriege aus dem alten Parteiensystem stoßen; Montezemolo würde ihm Kräfte und Köpfe zur Verfügung stellen, die mit der bisherigen Politik nichts zu tun haben.

Es kursiert auch die Theorie, Monti könnte mit einer eigenen Liste von Fachleuten zur Parlamentswahl antreten. Bis aber der Staatshaushalt als das letzte Werk der „Techniker-Regierung“ nicht unter Dach und Fach ist, will der 69-Jährige zu seiner Zukunft schweigen. Seine Bilanz-Pressekonferenz, die für diesen Freitag angesetzt war, hat er am Mittwoch auf unbestimmte Zeit verschoben.

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