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Italien: Millionen-Lösegeld für Geiseln?

Nach der jüngsten Freilassung des italienischen Journalisten Daniele Mastrogiacomo aus afghanischer Geiselhaft währte die Freude nur kurz. Aus Washington, London und den Haag hagelte es Kritik.

Rom - Zwar ließ es sich Ministerpräsident Romano Prodi nicht nehmen, den Reporter bei der Ankunft in Rom medienwirksam in die Arme zu schließen. Doch Großbritannien und die USA sparten nicht mit Kritik: Der Italiener sei im Austausch gegen Taliban-Gefangene freigekommen, Rom habe Druck auf die Regierung in Kabul ausgeübt. Ein schmutziger Handel?

Doch das war nur der Anfang: Nach der Freilassung Mastrogiacomos im März wurde jetzt dessen afghanischer Gefährte ermordet. "Wir haben ihn enthauptet", gaben die Taliban bekannt, die Regierung in Kabul habe sich geweigert, weitere Taliban-Kämpfer freizulassen. Der Tote war 23 Jahre alt, heißt mit Vornamen Adjmal und arbeitete seit Jahren als Übersetzer für den Reporter. Gemeinsam mit Mastrogiacomo war er in die Hände der Kidnapper gefallen. Jetzt geht in Italien ein dunkler Verdacht um: Hat die Regierung sich für den Landsmann eingesetzt, den afghanischen Mitgefangenen aber hängen lassen?

"La Repubblica": "Adjmal getötet, Italien unter Schock"

"Eine hässliche Angelegenheit", kritisieren Kommentatoren. Rechte Oppositionspolitiker wittern ihre Chance und wollen Prodi vor das Parlament bringen. Der spricht zwar von "absurder Instrumentalisierung", doch auf die Regierung in Rom fällt ein Schatten. Habt sich die Regierung allzu sehr mit den Kidnappern eingelassen - hat sie gar riesige Lösegelder bezahlt?

"Lösegeld als Bumerang", heißt es im "Corriere della Sera". Was jahrelang tabu war, spricht die Zeitung jetzt offen aus. "Ströme von Geld" seien bei den Geiseldramen mit Italienern in Bagdad und Kabul in den vergangenen Jahren geflossen, immer größer seien die Summen geworden. Kein anders westliches Land habe so wenig Hemmungen, Lösegeld zu zahlen, trotz aller Kritik der USA und anderer Verbündeter. Vor allem in der Regierungszeit von Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi sei reichlich Geld geflossen - trotz aller Dementis. Die Liste, die die Zeitung "La Repubblica" veröffentlichte, ist lang. Am spektakulärsten war die Freilassung der Journalistin Giuliana Sgrena 2004 nach einem Monat Geiselhaft im Irak. Der italienische Geheimdienst spielte dabei eine Schlüsselrolle, unmittelbar nach der Freilassung wurde ein Geheimagent an einem Kontrollpunkt der US-Streitkräfte erschossen. Bis zu acht Millionen Dollar seien gezahlt worden, heißt es.

Wenig Wille zur Aufklärung

Nicht weniger aufregend war das Kidnapping der beiden humanitären Helferinnen Simona Pari und Simona Torretta 2004 in Bagdad. Ganz Italien zitterte damals um die beiden jungen Frauen, drei Wochen lang waren sie in den Händen von Terroristen, am Ende seien fünf Millionen Dollar gezahlt worden. Da sei die Freilassung des Journalisten Gabriele Torsello Ende 2006 aus afghanischer Geiselhaft geradezu günstig gewesen, lediglich zwei Millionen Dollar kostete das nach den Worten eines Vermittlers. Bereits 2004 habe Rom sich das Ende einer Entführung mehrere italienischer Sicherheitsexperten im Irak neun Millionen Dollar kosten lassen.

Doch ob die heißen Geschäfte tatsächlich in Kürze im römischen Parlament erörtert werden, ist fraglich. Kaum ein Zufall dürfte es sein, dass ausgerechnet Ex-Regierungschef Berlusconi bremst. "Lasst uns einen sterilen Streit zwischen Regierung und Opposition vermeiden. Der gute Name Italiens geht doch über alles." (Von Peer Meinert, dpa)

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