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Italien: Prodi siegt, Berlusconi will zählen

Der italienische Oppositionschef Romano Prodi gewinnt die Parlamentswahlen - und Berlusconi zeigt sich als schlechter Verlierer.

Rom - Auch nach Veröffentlichung der offiziellen Ergebnisse der Parlamentswahl in Italien streiten die politischen Lager weiter über Sieg und Niederlage. Nach Angaben des Innenministeriums hat die Mitte-Links-Union von Oppositionschef Romano Prodi in beiden Parlamentskammern eine Mehrheit. Dennoch wollte Ministerpräsident Silvio Berlusconi seine Niederlage nicht anerkennen. «Niemand kann behaupten, er habe gewonnen», sagte Berlusconi am Dienstagabend in Rom.

Die vorliegenden Ergebnisse hätten «zu viele dunkle Seiten» und müssten überprüft werden. Zugleich schloss Berlusconi eine Große Koalition nicht aus. Dagegen hatte Staatspräsident Carlo Azeglio Ciampi kurz zuvor den «geordneten und regulären Ablauf der Wahlen» betont. Erste Reaktionen der Linken lehnten eine Große Koalition klar ab. «Unsere Koalition wird regieren», bekräftigte Prodi.

Nach Angaben des Innenministeriums kommt Prodis Mitte-Links- Allianz auf 348 von 630 Sitzen im Abgeordnetenhaus, Berlusconis Mitte-Rechts-Lager auf 281 Mandate. Im Senat habe Prodi 158 Sitze gewonnen, Berlusconi 156. Zwar seien noch nicht alle Stimmen von Auslandsitalienern ausgezählt, an dem Ergebnis könnten die fehlenden Stimmen aber nichts mehr ändern, sagte ein Ministeriumssprecher.

Prodi zeigte sich zuversichtlich, eine vergleichsweise stabile Regierung bilden zu können. «Wir haben eine Mehrheit in der Abgeordnetenkammer und im Senat erzielt, die es uns erlaubt, mit unserer Koalition fünf Jahre lang zu regieren», sagte er nach einer langen und chaotischen Stimmenauszählung rund 24 Stunden nach Schließung der Wahllokale.

Berlusconi: Deutschland als Beispiel

Berlusconi sprach von einer «Spaltung des Landes». Beide Lager teilten sich jeweils etwa 50 Prozent der Stimmen. Es sei unverantwortlich, wenn Prodi jetzt Siegesfeiern veranstalte. «Wir sollten Deutschland als Beispiel nehmen, um die Kräfte zu vereinen», sagte er mit Blick auf eine Große Koalition. Prodi meinte, die Sitzverteilung sei Folge der Rückkehr zum Verhältniswahlrecht. Diese habe aber gerade Berlusconi noch vor wenigen Monaten durchgesetzt. Experten in Rom halten eine Große Koalition in Rom für sehr unwahrscheinlich, vor allem wegen der tiefen politischen Differenzen zwischen beiden Lagern.

Außenminister Gianfranco Fini von der Nationalen Allianz räumte «höchstens eine arithmetische Niederlage ein, keinesfalls aber eine politische Niederlage». Zur Überprüfung des Wahlergebnisses wurde im Regierungslager vor allem eine Untersuchung von rund 500 000 ungültigen Stimmen verlangt. «Eine aufmerksame und präzise Überprüfung ist notwendig», zitierten Insider Berlusconi aus einer Sitzung mit Mitarbeitern.

Die Linke feiert

Unterdessen feierte die Linke in vielen Städten bereits ihren knappen Wahlsieg. «Ich erwarte einen Anruf mit den Glückwünschen von Berlusconi, das ist in modernen Demokratien so Brauch», sagte Prodi. Der frühere EU-Kommissionspräsident war bereits von 1996 bis 1998 Regierungschef in Rom.

In Rom hieß es, die Gespräche zur Regierungsbildung könnten erst nach der Wahl eines neuen Staatspräsidenten am 13. Mai beginnen. Der Nachfolger von Staatschef Ciampi werde den Wahlsieger beauftragen, das 61. Nachkriegskabinett zu bilden. Anschließend muss sich der Regierungschef in beiden Parlamentskammern einer Vertrauensabstimmung stellen.

Die Stimmenauszählung war von Konfusion und Chaos geprägt. Nachdem es am Montag nach ersten Wählerbefragungen zunächst nach einem klaren Sieg von Mitte-Links ausgesehen hatte, zeichnete sich nach den Hochrechnungen immer mehr ein Kopf-an-Kopf-Rennen ab. Zeitweise sah es sogar nach einem hauchdünnen Vorsprung Berlusconis im Senat aus. (tso/dpa)

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