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Italien: Prodi: Wir werden Geduld haben

Trotz der Bestätigung des Wahlergebnisses durch das oberste Gericht will das Bündnis von Ministerpräsident Silvio Berlusconi den Sieg Romano Prodis nicht anerkennen. Angeblich plant das Mitte-Rechts-Lager, mit neuen Einsprüchen vor Gericht zu ziehen.

Rom - Das Mitte-Rechts-Bündnis des italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi will den Wahlsieg von Oppositionschef Romano Prodi weiterhin nicht anerkennen. Es seien weitere Einsprüche gegen den Urteilsspruch des Kassationshofes beim Verwaltungsgericht in der Region Latium geplant, zitierten Medien am Donnerstag Politiker aus dem Bündnis «Casa delle Libertà» (Haus der Freiheiten). Unterdessen wurde in Italien bereits über die künftige Besetzung der Ministerposten spekuliert. Wann der 66-jährige Prodi als Regierungschef vereidigt wird, war aber noch unklar.

In Italien erteilt der Staatspräsident dem Wahlsieger das Mandat zur Regierungsbildung. Anschließend muss sich der neue Ministerpräsident einer Vertrauensabstimmung in beiden Parlamentskammern stellen. Jedoch läuft die Amtszeit von Staatspräsident Carlo Azeglio Ciampi im Mai aus. Unklarheit herrschte darüber, ob Prodi noch von Ciampi oder erst von dessen Nachfolger das Mandat erhält. Für den Posten des Staatspräsidenten ist unter anderem der ehemalige Ministerpräsident Giuliano Amato im Gespräch.

In Italien gilt seit wenigen Monaten wieder das Verhältniswahlrecht, wonach der Sieger bei der Sitzverteilung einen Bonus bekommt. Kurz nach der Wahl am 9./10. April hieß es, voraussichtlich werde Mitte-Links 348 Sitze erhalten, Berlusconi komme auf 281 Sitze. Die endgültige Zahl soll in den nächsten Tagen bekannt gegeben werden.

Kommentatoren in Rom bezweifelten am Donnerstag, dass Berlusconi eine rechtliche Grundlage hat, um weiter gegen das Wahlergebnis vorzugehen. «Er muss das Ergebnis so hinnehmen und hat keine Hebel mehr in der Hand», sagte ein in Rom lebender deutscher Rechtsexperte der dpa. Berlusconis Bündnis solle aufhören, «die Luft unseres Landes und die Würde der Institutionen zu vergiften», forderte Mitte-Links- Spitzenpolitiker Francesco Rutelli. Öffentlich wollte sich Berlusconi bisher noch nicht äußern.

Der Medienunternehmer und Multimillionär Berlusconi hatte mit nur 24 755 Stimmen Unterschied in der Abgeordnetenkammer gegen Prodi verloren. Wegen angeblicher Unstimmigkeiten will der 69-jährige Berlusconi zahlreiche, als ungültig eingestufte Wahlzettel noch einmal überprüfen lassen. Jedoch ist dies vom italienischen Gesetz nicht vorgesehen.

Prodi bezeichnete das Verhalten des Mitte-Rechts-Bündnisses am Donnerstag als «sehr traurig». Zeitungsberichten zufolge berät der Wirtschaftsprofessor, der bereits von 1996 bis 1998 Ministerpräsident in Italien war, bereits über die Besetzung der Ministerposten.

Wirtschaftsminister könnte demnach der Finanzexperte Tommaso Padoa Schioppa werden, der ehemals Mitglied des EZB-Direktoriums war. Als Außenminister sei der Chef der Linksdemokraten (DS), Piero Fassino, im Gespräch, während die frühere EU-Kommissarin Emma Bonino von den Radikalen Ministerin für Europaangelegenheiten werden soll. «Minister-Poker», schrieb eine Zeitung. (tso/dpa)

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