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Politik: Italien sucht Nähe

Deutschland steht bei Prodi-Regierung hoch im Kurs / Am Mittwoch kommt auch der neue Präsident

Berlin - Jetzt fehlt nur noch der Präsident, aber auch der wird bald hier sein: Am Mittwoch stattet Giorgio Napolitano, Italiens neuer Staatspräsident, Deutschland seinen ersten Arbeitsbesuch ab und beendet damit fürs Erste eine stattliche Reihe hochrangiger Visiten aus Italien. Den Anfang machte im Juni Ministerpräsident Romano Prodi. Es folgten in kurzem Abstand Innenminister Giuliano Amato und dieser Tage der Vizepremier und Kulturminister Francesco Rutelli.

Was sie alle nach Berlin zog, erklärte Rutelli bei einem Vortrag im Italienzentrum der Freien Universität Berlin: „Vielleicht gab es in puncto Europa in den letzten Jahren etwas zu viel Schweigen von italienischer Seite.“ Warum aber dann nach Berlin? „Der europäische Prozess sollte wieder von denen aus starten, die die größten Gemeinsamkeiten haben.“ Und das seien nun einmal seit Europas Gründerzeit in den fünfziger Jahren Deutschland und Italien. Die Zusammenarbeit der ersten Regierungschefs beider Länder nach dem Kriege, Konrad Adenauer und Alcide de Gasperi, sei „eine der glücklichsten Phasen für das gemeinsame Europa“ gewesen, aber beileibe nicht die einzige, in der man bestens kooperiert habe. Auch deswegen hätten die Mitglieder der neuen Regierung „alle versucht, Deutschland zum Ziel unserer ersten Auslandsbesuche zu machen“.

Rutelli deutet nur kurz an, dass es in den Berlusconi-Jahren auch schwere Karambolagen zwischen den alten Freunden gab. Die Ausfälle des früheren Premiers gegen den SPD-Abgeordneten Martin Schulz im europäischen Parlament etwa, oder die Sache mit Tourismus- Staatssekretär Stefani, der die Deutschen als arrogante Blondschöpfe beschimpfte, die rülpsend über Italiens Strände herfielen. Die „fünf Jahre Schweigen über Europa“ seien ab und an „durch Lärm unterbrochen“ worden, sagt Rutelli diplomatisch.

Ein Feld deutsch-italienischer Konflikte scheint mit dem Regierungswechsel in beiden Ländern geräumt: Der Wettbewerb um einen ständigen Sitz im UN- Sicherheitsrat. Prodi hatte bereits darauf hingewiesen, dass dies wohl keiner der ersten Punkte auf der Agenda der Kanzlerin sei. Nun ließ sein Vize durchblicken, dass auch Italien nicht mehr auf diesen Beweis nationaler Bedeutung brennt und es schöner fände, wenn Europa eines Tages im Sicherheitsrat mit einer Stimme spricht.

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