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Italien: Wer gewinnt die Wahlen in Italien?

Lautstark stritten Ministerpräsident Berlusconi und Wirtschtsprofessor Prodi, doch auch nach dem letzten TV-Duell am Montagabend ist kein klarer Sieger zu erkennen. Selten war eine Wahl derart spannend.

Rom - Ausländische Medien, auch deutsche, haben den italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi mitunter schon abgeschrieben. Berlusconi, Medienmann und aalglatter Verführer, habe das Land in fünf Jahren an der Regierung herunter gewirtschaftet, an die Wand gefahren. In Italien selbst würden dagegen derzeit nur wenige riskieren, auf den Wahlausgang am nächsten Wochenende viel Geld zu verwetten. Vier Millionen unentschlossene Wähler, darunter zwei Drittel Frauen, lassen Berlusconi und Herausforderer Romano Prodi zittern. Auch das letzte TV-Duell am Montagabend brachte keinen klaren Sieger. Selten war ein Urnengang derart spannend: Quo vadis Italien?

Die Nerven liegen blank, immer wieder kommt es im TV-Duell zu wilden Beschuldigungen, Berlusconi ist zwar längst nicht so nervös wie beim ersten Mal, aber seine Breitseiten sind ritualhaft und beleidigend. Ein «nützlicher Idiot» sei der Wirtschaftsprofessor Prodi, ein Gefangener seiner kommunistischen Bündnispartner. Auch Prodi ist nicht gerade zimperlich: «Herr Berlusconi klammert sich an Zahlen wie ein Betrunkener an einen Laternenpfahl», bürstet er die vollmundige Regierungsbilanz seines Gegners ab. Berlusconi reagiert empört, verlangt das Einschreiten des Moderators, die Spannung im Studio steigt - das ist das Spektakel, das Italiener lieben.

«Unentschieden mit Theaterdonner», titelt die Mailänder Zeitung «Corriere della Sera». Aber es ist auch eine Debatte auf niedrigem Niveau - von beiden Seiten. Italien ist der wirtschaftlich kranke Mann Europas, angeschlagener noch als Deutschland, doch notwendige, schmerzvolle Reformen schiebt Rom seit Jahr und Tag vor sich her - zu diesem Thema schweigen beide Seiten, nicht nur in der TV-Debatte.

Ein amerikanischer Journalist nannte den Wahlkampf in Italien neulich den Kampf zweier «alter Männer». Berlusconi ist 69, Prodi 66. Zwei Männer im Rentenalter - Prodi wirkt streckenweise beinahe onkelhaft, muss nach Worten suchen. Berlusconi flüchtet in ein Dauerfeuer gegen die vermeintliche Hinterlist der Linken, die die braven Italiener schröpfen wollten - das scheint wie Schlachten von vorgestern.

Mit seinem Überraschungscoup, die Steuern für Eigenheime zu streichen, hat der Medienmann Berlusconi zu dem Mittel gegriffen, das er am besten beherrscht: Versprechungen, professionell inszeniert, persönlich vorgetragen. Hollywood hätte das nicht besser in Szene setzen können: Demonstrativ wendet sich Berlusconi direkt an den Wähler, ändert seine Köperhaltung. «Ist das klar, Ihr habt richtig verstanden? Wir werden die Steuern auf alle Erst-Wohnungen abschaffen. Also auch von Eurem Haus.» Was kümmert es ihn, dass sich Koalitionspartner und Kommunen ratlos fragen, wie man das Steuergeschenk finanzieren soll?

Versprechungen, hochfliegende und teure, gehören zum «Kerngeschäft» Berlusconis seitdem der Herr der größten TV- Privatsender im Land Anfang der 90er Jahre in die Politik ging. «In Wahrheit verkauft Berlusconi Illusionen», meinte römischer Journalist einmal. Von Beginn an kommen in seinen Reden immer wieder die schönen Worte Traum und Hoffnung vor - «wie im Film und im Werbefernsehen», wie Kritiker meinen. Auch am Ende der TV-Debatte beschwört Berlusconi «die Kraft seines Traums, Italien zu verändern». Fragt sich nur, wie viele Italiener den Traum mitträumen wollen. (tso/dpa)

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