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Politik: Italiens Premier denkt nicht an Entschuldigung

Berlusconi: Ich habe gegenüber Schröder nur mein Bedauern über ein Missverständnis zum Ausdruck gebracht

Brüssel. Der Streit um den KZ-Vergleich des italienischen Regierungschefs Silvio Berlusconi ist nicht ausgestanden: Am Freitag machte der derzeitige EU-Ratspräsident Berlusconi in Rom deutlich, dass er seine umstrittene Äußerung zwar bedauere, sein Telefonat mit Bundeskanzler Gerhard Schröder vom Vortag aber nicht als Entschuldigung gewertet wissen will. Er habe lediglich sein Bedauern darüber zum Ausdruck gebracht, dass seine Äußerungen missverstanden worden sein könnten, sagte Berlusconi bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Romano Prodi. Der EU-Kommissionschef äußerte sich nicht zu dem Thema.

Zuvor hatte sich der deutsche Außenminister Joschka Fischer am Freitag in Brüssel noch dafür eingesetzt, nach der Auseinandersetzung um die Äußerungen Berlusconis eine „erfolgreiche italienische Präsidentschaft im Interesse Europas“ zu ermöglichen. Dies sei aufgrund des Verfassungsprozesses, der Regierungskonferenz und der Erweiterung der Europäischen Union notwendig, sagte Fischer am Freitag am Rande des Verfassungskonvents in Brüssel.

Berlusconi hatte eine europaweite Empörung verursacht, weil er einen deutschen Europaabgeordneten bei seiner Antrittsrede vor dem Europäischen Parlament am Mittwoch mit einem KZ-Aufseher verglichen hatte. Zu dem sozialdemokratischen Parlamentarier Martin Schulz sagte er, in Italien werde gegenwärtig ein Film über ein Konzentrationslager gedreht, in dem er die Rolle des Kapo übernehmen könne.

Anschließend bedauerte Berlusconi seine Äußerung in einem Telefongespräch mit Schröder. So wie Schröder hinterher sagte, der Streit um den KZ-Vergleich sei für ihn aus der Welt, zeigte sich auch EU-Kommissarin Michaele Schreyer versöhnlich. Sie berichtete von einem Abendessen zwischen der EU-Kommission und Berlusconi am Donnerstagabend: Berlusconi habe sich auch bei ihr persönlich entschuldigt. „Wenn sich jemand entschuldigt, so ist das selbstverständlich zu akzeptieren“, kommentierte Schreyer. Auch Schröder hält die Angelegenheit nach Angaben seines Sprechers Bela Anda mit dem Telefonat für erledigt.

Auch wenn viele italienische Zeitungen mit den Worten „Der Fall ist abgeschlossen“ titelten, so stimmt das nicht ganz. Denn schließlich gab Berlusconi am Freitagnachmittag in Rom zu verstehen, dass er nicht daran denke, sich beim Europaparlament zu entschuldigen. Eben diese Entschuldigung wird aber in Brüssel und Berlin erwartet.

Die offizielle Entschuldigung beim Präsidenten des Europaparlamentes wird von allen Fraktionen gefordert. Sie entspricht einem Kompromiss zwischen der konservativen EVP-Fraktion einerseits und Sozialisten, Liberalen und Grünen auf der anderen Seite. Der Vizepräsident des Europaparlamentes, Ingo Friedrich, forderte Berlusconi noch einmal auf, sich zu entschuldigen. „Eine Auseinandersetzung zwischen zwei Primadonnen darf nicht die Arbeitsfähigkeit auf europäischer Ebene gefährden“, sagte Friedrich mit Blick auf Berlusconi und Schulz.

Friedrich wies jedoch auch darauf hin, dass Schulz Berlusconi in unzulässiger Weise provoziert habe. Es sei nicht üblich, im Europaparlament innenpolitische Fragen einzelner Mitgliedstaaten zum Thema zu machen, wenn dies nicht der Tagesordnung entspreche. Friedrich betonte zugleich, dass Berlusconi den Start der italienischen EU-Präsidentschaft gefährdet habe. Der Vorsitzende der EVP-Fraktion, Hans-Gert Pöttering, wiederholte die Forderung, Schulz müsse sich ebenfalls bei Berlusconi entschuldigen. Dieser sagte im Radio, er sehe dafür keinen Anlass.

Mariele Schulze Berndt

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