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Politik: Ja und doch nicht Amen

Um nicht mit Syrien allein zu sein, stimmen Paris und Berlin der Irak-Resolution zu – aber nicht nur sie sind dagegen

Von Matthias B. Krause,

New York

Der glorreiche diplomatische Triumph der USA im Weltsicherheitsrat ist noch keine halbe Stunde alt gewesen, da traten drei Zähne knirschende Männer vor die Mikrofone. Links Sergej Lawrow, Russlands UN- Botschafter in New York, rechts sein Amtskollege Gunter Pleuger aus Deutschland und in der Mitte der kleinste, Frankreichs UN- Ambassabor Marc de la Sablière. Man habe der Einigkeit im Sicherheitsrat nicht im Wege stehen wollen, sagte de la Sablière. Deshalb habe man der Irak-Resolution zugestimmt. Weil aber die Rolle der Vereinten Nationen in dem besetzten Land zu schwach sei, und die Geschwindigkeit der Machtübergabe an die Iraker zu langsam, werde man weder Geld noch Truppen schicken.

Schon unmittelbar nach der Abstimmung im Sicherheitsrat, die überraschend einstimmig ausfiel, hatte eine ganze Reihe von Staaten ihre Bedenken deutlich gemacht. Auch Pleuger äußerte deutliche Kritik. Die Demokratisierung in dem besetzten Land könne aber nur gelingen, wenn der Sicherheitsrat so geschlossen wie möglich auftrete. „Wir wollten deshalb nicht im Weg stehen“, sagte Pleuger. Und Außenminister Joschka Fischer stellte sofort klar, dass es nicht mehr Geld gibt. Er sagte: „Sie kennen unsere Haushaltslage.“ Nur selten in der Geschichte des Weltsicherheitsrates ist eine Resolution scheinbar so glatt verabschiedet worden, hinter der so viele Wenns und Abers stehen.

Während US-Präsident George W. Busch den Vereinten Nationen vom fernen Kalifornien aus für das Votum dankte und US-Außenminister Colin Powell nun auf mehr Geld für den Wiederaufbau des Irak hofft, hagelte es am UN-Hauptsitz Ohrfeigen. Neben Deutschland, Frankreich und Russland wird auch Pakistan keine Soldaten schicken. Dafür sei die Resolution als Grundlage nicht stabil genug, rügte UN-Botschafter Munir Akram. Sie dürfe nicht das letzte Wort sein. Und so ging es weiter: China, Mexiko, Syrien – alle haben sie brav die Hand gehoben, als Washingtons UN-Botschafter John Negroponte um Zustimmung bat, doch zufrieden war niemand. Und ob in der kommenden Woche auf der Geberkonferenz in Madrid nach dem mühsamen Kompromiss mehr Geld für den Wiederaufbau des Irak fließen wird, steht ebenso in den Sternen.

Fast zwei Monate hatten Amerikaner und Briten den Sicherheitsrat bearbeitet, um eine Resolution zu bekommen, die neue Unterstützer animiert, beim Wiederaufbau zu helfen, und von den Hardlinern in Washington akzeptiert wird. Zwischenzeitlich sah es so aus, als würden die USA die Idee begraben. Noch bis Dienstag hatte kaum jemand mit einer Zustimmung gerechnet, die über die erforderliche Mindestanzahl von neun Stimmen hinausgeht. Die Wende kam, als die USA mit kleinen Zugeständnissen China und Russland auf ihre Seite zogen. Alleine mit den Syrern aber mochten sich weder Deutschland noch Frankreich dagegenstellen, und so kam nach einer Telefonkonferenz zwischen Bundeskanzler Gerhard Schröder, Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac und Russlands Regierungschef Wladimir Putin die Order aus den Hauptstädten: „Zustimmen! Gesicht wahren!“

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