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Politik: Jagd auf Juden und Schwarze in Paris

Bedrängter Polizist erschießt Angreifer / Bürgermeister sagt Fußballhooligans den Kampf an

Eine rassistisch aufgeheizte gewaltsame Auseinandersetzung, bei der ein Fan des Fußballklubs Paris Saint-Germain von einem Polizisten vermutlich in Notwehr erschossen wurde, entsetzt Frankreich. Zu dem Drama kam es am Donnerstagabend nahe dem Pariser Prinzenparkstadion, als etwa 150 PSG-Anhänger nach der 2:4-Niederlage im Uefa-Pokalspiel gegen Hapoel Tel Aviv, Janniv H., einen Fan mit einer israelischen Fahne, und drei seiner Kameraden verfolgten. Antoine Granomort, ein Polizist in Zivil, aber ohne Armbinde, der zur Bewachung von Polizeifahrzeugen abgestellt war, kam ihnen zu Hilfe, wurde dann aber offenbar wegen seiner schwarzen Hautfarbe – er stammt von den Antillen – von den Hooligans selbst angegriffen.

Granomort suchte in einem Schnellimbiss Zuflucht, wurde aber von den Angreifern, die den Imbiss demolierten, gestellt. Er wollte sie zunächst mit Tränengas abwehren. Als dies nichts nutzte, zog er seine Dienstpistole, gab sich als Polizist zu erkennen und feuerte einen Schuss ab. Julien Q., ein 25 Jahre alter PSG-Anhänger wurde tödlich getroffen, Mounir B., ein 26 Jahre alter anderer Fan, wurde schwer verletzt, befindet sich aber laut Mitteilung der Polizeipräfektur vom Freitag nicht mehr in Lebensgefahr.

Beide sollen sie, wie der Pariser Staatsanwalt Jean-Claude Marin berichtete, der Polizei als Mitglieder der sogenannten „Boulogne Boys“ bekannt sein, einem der als gewalttätig bekannten Fanklubs des PSG, denen Verbindungen zur extremen Rechten nachgesagt werden.Bei der Verfolgung des israelischen Fans habe es „massive rassistische Beleidigungen“ gegeben, berichtete Marin. Unter anderem hätten Augenzeugen den Ruf „Frankreich den Franzosen“ und die Beschimpfung „Drecksjude“ vernommen. Gegen den Polizisten, sei mit den Worten „Bulle“ und „dreckiger Neger“ gehetzt worden. Dennoch ermittelt die Staatsanwaltschaft jetzt wegen vorsätzlicher Tötung. Der Vorwurf gegen den Beamten könne aber im Laufe der Ermittlungen noch zu „Körperverletzung mit Todesfolge“ werden. „Es stellt sich die Frage der Notwehr“, sagte Marin.

Der Journalist Philippe Broussard vom Magazin „L’Express“, der die Verfolgungsszenen miterlebt hatte, berichtete im Rundfunk, Dutzende von Personen seien auf den Polizisten eingestürmt. Es seien „Minuten extremer Gewalt“ gewesen. Gestützt auf Aussagen des Polizisten, berichtete Innenminister Nicolas Sarkozy, der Beamte, der sich mehrmals als Angehöriger der Polizei zu erkennen gegeben hätte, habe von einem Angreifer einen Schlag gegen die Schläfe erhalten, von einem anderen einen Tritt in den Unterleib und sei darauf zu Boden gestürzt. Die Generalinspektion der Polizei leitete, wie in solchen Fällen üblich, eine interne Untersuchung gegen den Polizisten ein. Von acht Hooligans, die am Abend festgenommen worden waren, befanden sich am Freitag noch fünf wegen „rassistischer und antisemitischer Beleidigungen“ in Polizeigewahrsam.

Es ist nicht das erste Mal, dass der Pariser Fußballklub PSG durch gewalttätige Anhänger von sich reden macht, aber das erste Mal, dass Ausschreitungen einen rassistischen und antisemitischen Charakter haben. Anfang des Jahres hatten Pariser Hooligans nach einer Niederlage ihres Klubs in Nantes eine Autobahnraststätte demoliert. Bei Schlägereien mit Anhängern von Olympique Marseille war 2002 ein Fan aus der südfranzösischen Stadt lebensgefährlich verletzt worden.

Die Behörden sind offensichtlich machtlos. Der Pariser Bürgermeister Bertrand Delanoe sagte jetzt, es sei „ absolut notwendig“, Antisemitismus und Rassismus im Umfeld der Fußballanhänger „mit allen Mitteln“ zu bekämpfen.

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