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Jahresbericht: Bundesrechnungshof mahnt Steuerschätzer und Regierung

Nach Ansicht des Rechnungshofes werden jährlich 2,5 Milliarden Euro an Steuergeldern verschwendet; insbesondere bei Fast-Food-Restaurants werde getrickst. Kritik hagelt es aber auch für die Steuerschätzer, die sich in den letzten zehn Jahren um durchschnittlich 14 Prozent verschätzt hätten.

Berlin - Der Bundesrechnungshof warnt die große Koalition davor, die sprudelnden Steuereinnahmen für Konsumausgaben zu verwenden. Rechnungshofpräsident Dieter Engels bezeichnete bei der Vorstellung des Jahresberichtes die Steuermehreinnahmen als "ersten Silberstreifen am Horizont", um den Bundeshaushalt aus seiner strukturellen Schieflage herauszuführen.

Die Bundesschuld werde bis 2010 auf mehr als eine Billion Euro wachsen. Engels begrüßte in dem Zusammenhang die Absicht der Koalition, die Zusatzgelder vor allem zur Senkung der Nettoneuverschuldung zu nutzen.

2 bis 2,5 Milliarden Euro werden verschwendet

Engels bezifferte die Höhe der Verschwendung von Steuergeldern auf 2 bis 2,5 Milliarden Euro im Jahr. Die vom Bund der Steuerzahler genannte Summe von 30 Milliarden Euro im Jahr sei nicht nachvollziehbar. Ein Schwerpunkt der Prüfungen war laut Engels die Bundeswehr. Unzureichend würden zudem Einkommensmillionäre geprüft. Der Rechnungshof-Präsident stellte aber klar, die Bundesverwaltung arbeite im Großen und Ganzen gut.

Steuerausfälle in der Fast-Food-Gastronomie

Allerdings müssten die öffentlichen Kassen Steuerausfälle in zweistelliger Millionenhöhe wegen Missbrauchs in der Fast-Food-Gastronomie hinnehmen. Engels erklärt dies mit der unterschiedlichen Besteuerung von In-Haus- und Außer-Haus-Verkäufen. Für Speisen zum Verzehr im Restaurant muss der Unternehmer 16 Prozent Umsatzsteuer abführen. Nimmt der Kunde die Speisen mit, werden nur 7 Prozent Umsatzsteuer fällig.

Der Kunde erfahre nicht, wie sein Kauf gebucht werde. Der Gastronom könne daher seinen Verdienst um neun Prozent steigern, wenn er den Kauf falsch erfasse. Die Doppelbesteuerung lade zum Missbrauch ein, sagte Engels. Aus Sicht des Rechnungshofes sollten daher alle Restaurantumsätze der allgemeine Steuersatz von derzeit 16 Prozent gelten.

Verfahren der Steuerschätzer unter Beschuss

Außerdem kritisiert der Bundesrechnungshof das Verfahren der Steuerschätzung bei der Bundesregierung. Die Rechnungsprüfer fordern nach einem Vorabbericht des "Handelsblatts", das Vorsichtsprinzip bei der Schätzung und Veranschlagung der Steuereinnahmen stärker zu berücksichtigen. Zudem mahnt der Rechnungshof Verbesserungen bei den mittelfristigen Projektionen zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung sowie bei der Ermittlung der finanziellen Auswirkungen von Steuerrechtsänderungen an.

Gleichwohl erkenne der Rechnungshof an, dass die Bundesregierung mit der aktuellen Haushalts- und Finanzplanung erste Maßnahmen ergriffen habe, um zu optimistisch geplante Steuereinnahmen und damit verbundene finanzwirtschaftliche Probleme zu vermeiden, schrieb das Blatt. Die Rechnungsprüfer kämen zu dem Resultat, dass die Ergebnisse des Arbeitskreises Steuerschätzung bezogen auf den fünfjährigen Planungszeitraum in den vergangenen zehn Jahren um durchschnittlich 14 Prozent oder rund 30 Milliarden Euro über dem tatsächlichen Steueraufkommen gelegen hätten. Weil es bisher keine vergleichbare mittelfristige Wachstumsschätzung anderer Institute gibt, empfehle der Rechnungshof, externen Sachverstand einzubeziehen. Auch sollte die Bundesregierung darauf verzichten, wirtschafts- und finanzpolitische Entscheidungen und deren mögliche gesamtwirtschaftliche Wirkung in ihrer Wachstumsprognose zu berücksichtigen.

Laxe Prüfpraxis bei Millionären

Einkommensmillionäre werden zudem von den Finanzämtern zu selten geprüft; so müssten im Bundesdurchschnitt jährlich nur 15 Prozent der Einkommensmillionäre Außenprüfungen über sich ergehen lassen. Dadurch entgingen dem Fiskus erhebliche Steuereinnahmen, kritisierte Engels.

Trotz einer bundeseinheitlichen Verordnung zur regelmäßigen Prüfung reiche die Prüfungsquote je nach Bundesland von 10 bis 60 Prozent, sagte Engels. Das Bundesfinanzministerium müsse bei den Ländern auf eine höhere Dichte von Prüfungen hinwirken. "Lohnend sind sie allemal", betonte Engels. Jede Sonderprüfung ergebe im Schnitt Mehreinnahmen von 135.000 Euro. Als viel zu gering erachten die Prüfer auch die Quote von zwei Prozent bei Umsatzsteuer-Sonderprüfungen von Unternehmen. Rechnerisch sei damit eine Firma nur alle 50 Jahre an der Reihe. (tso/ddp)

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