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Politik: Jakarta-Attentäter planen neue Anschläge

Bekennerschreiben fordert Abzug australischer Truppen aus dem Irak / Regierung lehnt Forderung ab

Die südostasiatische Terrorgruppe „Jemaah Islamijah“ (JI) hat die Verantwortung für den Terroranschlag auf Australiens Botschaft in Jakarta übernommen. „Wir beschlossen, Rechnungen mit Australien zu begleichen, einem der schlimmsten Feinde von Gott und Islam“, heißt es dazu auf einer islamischen Webseite. Dort ist vom „ersten in einer Serie von Anschlägen“ die Rede. Australien solle seine Truppen aus dem Irak abziehen. Australier in Indonesien werden aufgefordert, das Land zu verlassen, das sonst „für sie zu einem Friedhof“ werde.

In Jakarta ist die Polizei nach eigenen Angaben mittlerweile sicher, dass der Anschlag vom Donnerstag ein Selbstmordattentat war. Die Bombe sei in einem Auto gewesen, das vor die australische Botschaft gefahren und dort sofort explodiert sei. Drei der neun Toten seien noch nicht identifiziert. Australiens Außenminister Alexander Downer sagte, die indonesische Polizei sei 45 Minuten vor der Explosion in einer SMS vor Anschlägen auf westliche Botschaften in Jakarta gewarnt worden. Ein Polizeisprecher dementierte das. Das indonesische Gesundheitsministerium gab bekannt, dass 182 Menschen verletzt wurden, 40 von ihnen seien noch in Krankenhäusern. Mit einer Ausnahme sind alle Opfer Indonesier. Ein fünfjähriges Mädchen, das vor kurzem die australische Staatsbürgerschaft erhielt, wurde schwer verletzt. Seine indonesische Mutter starb.

Bei einem Besuch am Tatort sagte Downer, es sei ein Wunder, dass nicht mehr Menschen umkamen. „Man sagt mir, dass der Sprengsatz größer war als die Bali-Bomben. Wir werden nie vergessen, dass einige Indonesier starben, die unsere Botschaft schützten.“ Auf der Urlaubsinsel Bali waren vor zwei Jahren nach Bomben 202 Menschen gestorben, darunter 88 Australier, 38 Indonesier und sechs Deutsche. Hauptverdächtige für den Jakarta-Anschlag sind weiterhin Azahari Husin und Noordin Mohammad Top, zwei Malaysier, die seit Jahren die Sprengstoffexperten der Terrorgruppe JI sein sollen. Indonesiens Polizei, die nach dem Bali-Anschlag mehr als 40 Beteiligte fand und festnahm, wird jetzt stark kritisiert, weil sie Azahari und Noordin noch nicht verhaften konnte. Der nach Jakarta gereiste Polizeichef Australiens, Mick Keelty, nahm seine indonesischen Kollegen in Schutz. Ohne Osama bin Laden zu nennen, sagte Keelty: „Azahari und Noordin sind nicht die einzigen Terroristen, die mit vereinten Kräften noch nicht gefasst werden konnten.

In Australien, das sich im Wahlkampf befindet, geben sich Regierung und Opposition bislang geschlossen und bestreiten, dass die Anschläge einen Einfluss auf die Abstimmung haben könnten. Premier John Howard erklärte, man werde „Außen- oder Sicherheitspolitik nicht von terroristischen Drohungen bestimmen lassen.“ Sein politischer Kontrahent Mark Latham äußerte sich ähnlich. In Australien wird am 9. Oktober gewählt. Dennoch vergleichen Beobachter die Situation mit der in Spanien, wo Terroristen unmittelbar vor den Wahlen zugeschlagen hatten und anschließend die konservative Regierung abgewählt worden war.

Auch in Australien bietet sich dem Wähler die Alternative zwischen einer Regierung, die ihre Truppen im Irak halten will und der Opposition, die für den Fall eines Wahlsieges den Rückzug bis Weihnachten angekündigt hat. Bisher jedoch scheint der Anschlag eher die konservative Regierung zu begünstigen, die in unverbrüchlicher Treue zum großen Verbündeten USA 2000 Soldaten in den Irak geschickt hatte, von denen noch 850 im Land sind. Die oppositionelle Laborpartei hatte den Einsatz der Truppen ohne UN-Zustimmung heftig bekämpft. Oppositionsführer Latham, der kürzlich George Bush den „inkompetentesten und gefährlichsten US-Präsidenten seit Menschengedenken“ genannt hatte, hält sich bisher zurück. Zwar hatte die Laborpartei stets behauptet, die Politik Howards habe Australien unnötig zur potentiellen Zielscheibe für Extremisten gemacht. Den Eindruck, er wolle aus dem brutalen Anschlag politisches Kapital schlagen, will Latham aber offenbar vermeiden.

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