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Atomkraftgegner demonstrieren in Tokio.

© AFP

Japan: Jetzt gibt es auch eine grüne Partei

Der Streit um die Atomkraft nach der Katastrophe von Fukushima macht die Gründung der neuen Partei möglich. Die Zweifel an der Nuklearindustrie wachsen. Das merken aber auch die etablierten Kräfte.

Tokio - Die wachsende Anti-Atomkraft- Bewegung bringt Schwung in die japanische Parteienlandschaft. Am Wochenende haben Lokalpolitiker und Bürgergruppen eine grüne Partei gegründet. Bei den nächsten Wahlen, die spätestens nächstes Jahr stattfinden werden, hoffen sie, ins Parlament einzuziehen. Das Ziel ist klar: „Wir müssen die nationale Industrie und ihre Abhängigkeit von der Atomkraft verändern“, fasste Hitoshi Nakayama, einer der Gründer, die Kernpunkte des Programms auf einer Pressekonferenz zusammen.

Die Gründer hoffen, mit der öffentlichen Meinung im Rücken endlich auch in Japan die Grünen etablieren zu können. Während in vielen Ländern Ökoparteien großen politischen Einfluss erringen konnten, schlugen in Japan mehrere Gründungsversuche fehl. Zu schwach war die Bewegung. Denn zum einen haben sich die Friedens- und die Anti-Atomkraft-Bewegung in den 1970er-Jahren – anders als in Deutschland – nicht vereinigt. Zudem hat es das politische Establishment ab den 80er Jahren geschafft, den Japanern ihre Protestbereitschaft zu nehmen.

Auch die Medien spielten dabei eine große Rolle: Bewegungen, die sich gegen das Establishment richteten, wurden schlicht ignoriert. Während Bauerndemonstrationen gegen Japans Beitritt zu Freihandelsabkommen sich regelmäßig auf Titelseiten der Zeitungen wiederfanden, schaffte es voriges Jahr die erste Anti-Atomkraft-Demonstration nach der Katastrophe von Fukushima nicht einmal in die Meldungsspalten. Sogar die riesigen, seit März laufenden wöchentlichen Freitagsdemonstrationen gegen Atomkraft fanden anfangs unter dem Selbstausschluss der Medien statt. Doch durch soziale Netzwerke wie Twitter und Facebook schwollen sie von 300 auf inzwischen zigtausende Teilnehmer an.

Die Protestwelle belegt, dass viele Japaner gegen den von Ministerpräsident Yoshihiko Noda durchgedrückten schnellen Neustart von Atomreaktoren sind. Im Juni gingen bereits zwei Meiler im Akw Oi wieder ans Netz – noch bevor die Untersuchungsberichte zur Katastrophe fertiggestellt, geschweige denn diskutiert worden waren.

Doch ob den Grünen der Durchbruch gelingt, bleibt fraglich. Ihnen fehlen schon die finanziellen Mittel, um mehr als zehn Kandidaten aufzustellen. Doch vor allem haben sich auch Politiker der etablierten Parteien und Reformgruppen wie die bereits extrem erfolgreiche Bewegung von Osakas Bürgermeister Toru Hashimoto Anti-Akw-Politik auf die Fahnen geschrieben.

In der Präfektur Yamaguchi gewann nach letzten Hochrechnungen am Sonntag der Kandidat der etablierten Parteien, Shigetaro Yamamoto, gegen den prominenten Atomkraftgegner Tetsunari Iida. Iida hatte versprochen, den Plan für den Bau eines Atomkraftwerks ganz zu streichen, Yamamoto wollte ihn nur aussetzen. Martin Kölling (HB)

Martin Kölling

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