zum Hauptinhalt
Der künftige Premier Shinzo Abe ist erfahren in dem Amt.

© AFP

Japan: Zurück auf Los

Nach nur drei Jahren muss die Demokratische Partei in Japan die Macht wieder abgeben – die Bürger waren von ihr enttäuscht.

Die Japaner haben am Sonntag für einen Regierungswechsel gestimmt. Die Demokratische Partei (DJP) von Premierminister Yoshihiko Noda muss nach nur drei Jahren die Macht wieder an die Liberaldemokraten (LDP) abgeben, die Japan bis 2009 praktisch ununterbrochen regiert hatten. Neuer Ministerpräsident dürfte LDP-Chef Shinzo Abe werden. Er hat schon Erfahrung in diesem Amt und kann auf eine satte Mehrheit bauen.

Die DJP hat die Bürger offensichtlich tief enttäuscht. Sie hatte 2009 einen echten Neuanfang versprochen; wollte der verkrusteten Staatsbürokratie zu Leibe rücken und das allzu enge Beziehungsgeflecht zwischen Politik und Wirtschaft kappen – weil eine Modernisierung von Staat und Wirtschaft unter den gegebenen Bedingungen nicht möglich schien. Doch die DJP scheiterte, und Japan rutschte immer tiefer in die Krise. Die Staatsverschuldung liegt mit mehr als 200 Prozent der Wirtschaftsleistung deutlich über der Griechenlands, die Konzerne mussten tausende Arbeitnehmer entlassen. Geradezu verzweifelt versuchte Noda zuletzt Steuererhöhungen durchzusetzen, um einen Haushaltsnotstand zu verhindern. Am Ende musste er Neuwahlen versprechen, um im Parlament eine Mehrheit für entsprechende Gesetze zu bekommen.

Das Wahlergebnis ist ein klares Votum gegen Nodas Steuerpläne, die die LDP stets bekämpft hat. Mehr als zehn Jahre Wirtschaftskrise haben viele Japaner in Existenznot gebracht. Einkommenseinbußen sind die Regel, Arbeitslose erhalten kaum Unterstützung und empfinden tiefe Scham angesichts ihrer Situation.

Neue Rezepte gegen die Krise hat allerdings auch die LDP im Wahlkampf nicht erkennen lassen. Eher vage kündigte Abe Konjunkturprogramme und eine Förderung von Innovationen an. Klar war dagegen die Position in der Energiepolitik, seit dem Atomunfall von Fukushima eines der zentralen Themen der japanischen Politik. Obwohl sich in Umfragen seit dem Reaktorunglück regelmäßig eine Mehrheit der Japaner gegen die Atomenergie ausspricht, will die LDP an der umstrittenen Technologie festhalten. Noda hatte langfristig einen Ausstieg versprochen. Das Krisenmanagement seiner Regierung während und nach der Katastrophe im Atomkraftwerk Fukushima Daiichi war aber verheerend. Erst im Oktober deckte die Umweltorganisation Greenpeace auf, dass die meisten der 40 Strahlungsmessstationen in der knapp 300 000 Einwohner zählenden Stadt Fukushima falsche Daten anzeigen. Laut Messungen von Greenpeace ist die Strahlung deutlich höher als angegeben. Und als Untersuchungen bei Kindern Auffälligkeiten bei der Schilddrüsenfunktion ergaben, stritten die Verantwortlichen in Tokio einen Zusammenhang mit dem Atomunfall einfach ab.

Einen Bruch mit der alten Politik versprachen der frühere Gouverneur von Tokio, Shintaro Ishihara, und der frühere Bürgermeister Osakas, Toru Hashimoto. Ihre Erneuerungspartei (JRP) erhielt annähernd so viele Sitze wie die DJP. Die beiden schafften es aber nicht, ihrer Partei ein überzeugendes Gesicht zu geben. Ishihara tat sich vor allem mit nationalistischen Tönen im Streit mit China um eine Inselgruppe im Ostchinesischen Meer hervor, während Hashimoto sich bereit erklärte, eine ehrliche Debatte über die japanische Vergangenheit zu führen. Letztlich profitierten die „Erneuerer“ von der Unzufriedenheit der Wähler mit den etablierten Parteien. Ihre Ziele blieben unklar. Die japanischen Grünen, die in Deutschland viel Sympathie genießen, schafften es dagegen erst gar nicht ins Parlament.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false