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Politik: Je mehr Flüchtlinge, desto weniger Toleranz

Großbritannien hat seine Asylgesetze verschärft. "Härter, schneller und gerechter" - so werden die drakonischen Maßnahmen von der Regierung verkauft - will das Königreich die Flut der Flüchtlinge eindämmen, die auf der Insel eine Bleibe suchen.

Großbritannien hat seine Asylgesetze verschärft. "Härter, schneller und gerechter" - so werden die drakonischen Maßnahmen von der Regierung verkauft - will das Königreich die Flut der Flüchtlinge eindämmen, die auf der Insel eine Bleibe suchen. Nach der Bundesrepublik ist Großbritannien in Europa zum Hauptziel für Asylsuchende geworden.

Letztes Jahr wurde eine Rekordzahl von 71 160 Personen verzeichnet, rund 50 Prozent mehr als im Vorjahr. Die meisten davon kommen aus dem früheren Jugoslawien. Mit Abstand folgt an zweiter Stelle Sri Lanka. Während der Thatcher-Ära in den achtziger Jahren betrug der Durchschnitt weniger als 30 000 Asylbewerber pro Jahr, von denen die Hälfte schließlich anerkannt wurde. Die Toleranz der Briten schwindet im gleichen Maße, in dem der Zustrom von Fremden zunimmt. Die Massenpresse begann eine Kampagne gegen bettelnde "Zigeunermütter", die angeblich fürstlich verdienen. Die Grafschaften an der Südküste und die Londoner Bezirke laufen Sturm dagegen, dass ihnen die über die Fährhäfen eingereisten Asylbewerber zugeteilt werden. Um diese unsicheren Wahlkreise zu halten, will Innenminister Jack Straw nun die Last gerechter verteilen. Ungeachtet der Familienbindung oder Wünsche der Antragsteller wird ihnen nun ein Aufenthaltsort von der Asylprüfungsbehörde zugewiesen.

Asylbewerber bekommen nur 70 Prozent des Mindest-Sozialhilfesatzes, der an Briten gezahlt wird. Von den 110 Mark, die ein Erwachsener pro Woche erhält, sind 30 Mark Bargeld und der Rest Einkaufsgutscheine. Durch diese Praxis sind die Benutzer in Supermärkten sofort als Asylbewerber zu erkennen. Die Geschäfte brauchen Restbeträge nicht in bar zurückzuzahlen, sondern können ihn einbehalten. Die größte englische Wohlfahrtsorganisation "Oxfam", die im ganzen Land Ladenketten für gebrauchte Kleider und Haushaltsartikel unterhält, protestierte energisch gegen das "diskriminierende" System der Gutscheine und will sie nicht annehmen. "Wir können diese unglücklichen Menschen nicht noch um ein paar Pfennige betrügen," sagte Julian Forsyth für die Organisation.

Neben der Taktik, Asylbewerbern das Leben so unangenehm wie möglich zu machen, soll die Prüfung der Anträge von derzeit im Durchschnitt 13 Monaten auf sechs Monate verkürzt werden. Während das britische Verfahren sich am deutschen Modell orientiert, ließen sich die Behörden bei der Kontrolle der Fährhäfen von den Methoden an der Grenze zwischen den USA und Mexiko inspirieren. Mit neuen Röntgenmethoden und elektronischen Spüranlagen lassen sich die in Lastwagen versteckten Menschen erkennen. Den Fahrern droht jetzt eine Geldstrafe von rund 6000 Mark pro "blindem Passagier". Die Regierung will damit die illegalen "Schlepper" abschrecken.

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